Ein Zugsticket für die Fahrt von Tbilisi nach Zugdidi zu bekommen ist einfach. Am Schalter im Bahnhof von Tbilisi spricht die junge Frau ein gutes English. So löse ich schon im Voraus ein Ticket. Mit der Metro fahre ich vom Hostel zum Bahnhof, wo der Zug pünktlich um 08:50 los fährt. Dass ich einen reservierten Platz habe, hat seine Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist sicher, dass ich in dem gut besetzten Zug einen sicheren Platz habe. Doch der Nachteil ist, dass ich eben diesen einen Platz habe… Ich schaue in Fahrtrichtung rückwärts – in einem Wagen mit Flugzeugbestuhlung, also etwa die Hälfte aller Sitze schaut in die falsche Richtung an den Hinterkopf des nächsten Reisenden… Dazu kommt, dass die Einteilung der Fenster nicht mit der Bestuhlung abgestimmt ist und ich deswegen meinen Kopf sehr weit nach links drehen muss, um einen Blick aus dem Fenster zu erhaschen. Immerhin kann ich mich mit lesen und schreiben beschäftigen und “muss” nicht die ganze Zeit den Kopf zum Fenster drehen. Doch das was meine Augen von der Landschaft erblicken sieht vielversprechend aus. Besonders als wir durch die hügelige/bergige Landschaft Richtung Kutaisi fahren. Schöne Berge, die mit vielem, saftigen Grün bewaldet sind. Zwischendurch kommen wir immer wieder mal an einem Bahnhof vorbei, wo wir jeweils einen mehr oder weniger langen Halt einlegen. Dann kommen die Frauen und wollen uns ihre Khatchapuri und andere Backwaren andrehnen. Erstaunlicherweise sehen die Bahnhöfe immer wieder anders aus. Mal sind es Betonbauten im Sovjetstyle, dann sind es pompöse Bauten mit dekorativen Säulen und ein anderes Mal erinnern sie mich mehr an einen Bahnhof in Norditalien, umgeben mit viel Grün. Dass dann mal ein paar Schweine kommen und eines davon etwas am Zug schnuppert erstaunt mich hier wenig, auch wenn es gerade lustig überaschend ist. Mir gefällt es hier. In dem saftigen Grün steckt viel Leben und Energie.
Für die Übernachtung in Zugdidi habe ich mir im Voraus ein Hostel ausgesucht. Das einzige, dass es hier gibt. Als ich nach der stundenlangen Zugfahrt (etwas mehr als acht Stunden) endlich ankomme, stürmt erstaunlicherweise mal kein Taxifahrer auf mich zu. Schaden, denn gerade hier in Zugdidi weiss ich nicht recht, wodurch ich zum Hostel gehen muss. Endlich kommt ein Mann, der “Mestia?” fragt. Ja, dort will ich auch hin, aber erst morgen. Der Mann telefoniert dann mit der Frau vom Hostel (Regina), welche mich dann mit dem Auto abholt. Um so viele Ecken rum hätte ich den Weg wahrscheinlich nicht gefunden, doch soll es anscheinend auch einen einfacheren geben… Ich habe Glück, denn heute Sonntagabend treffen sich gerade ein georgische Freunde im Hostel – es ist mehr eine Pension bei jemandem zu Hause – und machen ein gemeinsames Nachtessen. Ich werde auch dazu eingeladen und geniesse das feine Essen. Wie so oft gibt es viel Gemüse (Gurken und Tomaten) sowie frische Kräuter dazu. Dass es mir gelingt, mich vor dem Alkoholkonsum zu drücken scheint mir geradezu ein Wunder zu sein. Ich bevorzuge den Tee mit den frischen Pfefferminzeblättern aus dem Garten.
Am nächsten Morgen um etwa 8 Uhr werden wir abgeholt für die Fahrt nach Mestia. Wir sind Samuel aus Frankreich, Angelica aus den USA und ich. Samuel und Angelica möchten zusammen auch nach Mestia reisen. So fahren wir gemeinsam zum Bahnhof. Wir wollen auf einen Minibus umsteigen, doch der Fahrer sagt, wir sollen sitzenbleiben. Das verwirrt uns und es nervt uns auch, dass er uns keinen Preis nennen kann oder besser gesagt, will. Zu dritt fahren wir nach einigem Warten (auf was?) mit dem Mitsubishi Delica nach Mestia. Für die ungefähr 136 Kilometer benötigen wir etwa 3 Stunden. Auf der Karte ist die Strasse mehr oder weniger gerade eingezeichnet. Das entspricht aber nur am Anfang im Flachland der Wirklichkeit. Sobald wir in die Berge fahren, folgt eine Kurve der anderen. Darum dauert die Fahrt auch seine Zeit. Dann kommen wir endlich in Mestia an – und gerade beginnt es wieder zu regnen. Wohl wie jedesmal, wenn ich hier in die Berge fahre… Dass wir nun jeweils 20 Lari für die Fahrt bezahlen müssen und nicht wie erwartet 15 Lari, was uns Regina vom Hostel sagte, nervt uns ebenfalls. Nach einem Kaffee/Tee suchen wir im Regen eine Unterkunft. Sämi und Angelica haben zuvor in Kutaisi die Empfehlung für eine Familie bekommen. Nach einigem Suchen und fragen werden wir auch zu einer freundlichen Familie geführt wo wir uns dann auch niederlassen.