Lahıc (4. Mai 2012)

Nach einer kurzen Nacht muss ich wieder einmal früh aufstehen. Zuerst muss ich den Bus zum Bus Terminal finden. Keine leichte Sache. Gestern hat mir Mischa gesagt, dass ich den Bus 137 vom nahen Platz nehmen soll. Doch diesen Bus sehe ich hier nicht. Nach ein paar mal hin und her mit einem Einheimischen und den Fahrer, nehme ich den Bus 65, der anscheinend auch dort hin soll. Beim 20 Januar Platz müssen wir dann umsteigen. Ich habe extra gestern mal schauen wollen, wo ich das Busterminal finde, habe es aber nicht richtig gefunden. Der Einheimische besteigt mit mir den Bus 96 (?) und wir fahren damit zurm Internationalen Autobusterminal. Freundlicherweise hilft er mir dann auch gleich beim Suchen des richtigen Busses. Wir gehen zuerst zu den Bussen nach Ismayilli, wo auch der Fahrer des Minibuses nach Lahic wartet. Als ich mit dem Fahrer dann mitlaufe und wir das Busterminal wieder verlassen bin ich stark verunsichert, ob er jetzt ein Taxifahrer ist oder ob es ein Minibus ist. Doch es ist ein Minibus. Für 7 Mannat kann ich mit ihm nach Lahic fahren. Ich sitze vorne neben dem Fahrer. Die Windschutzscheibe hat mehrere Sprünge, die wohl mit Leim wieder geflickt wurden. Es hat zwar Sicherheitsgurten, doch ich weiss nicht, wo ich sie einklinken soll. So lasse ich es sein. Der Fahrer legt sich den Sicherheitsgurten brav über die Schulter – ohne Funktion – wohl einfach, dass die Polizei ihn deswegen nicht aufhält.
Die Fahrt führt uns zunächst durch die Vororte raus aus Baku. Hier laufen noch Kühe einfach so über die Strasse. Dann folgte eine karge, ebene Landschaft. Das Gras wächst hier nicht richtig und bewirtschaftet wird das Land auch nicht. Erst als wir langsam die Hügel Richtung Kaukasus erklimmen, sieht man mehr und mehr Grün. Zunächst sind es die Wiesen, die saftiger werden, dann hat es vereinzelte Büsche und schliesslich aufgeforstete Bäume und Büsche entlang der Strasse. Vor Ismayilli biegen wir auf die Strasse nach Lahic ab. Sie führt uns durch richtige Wälder, die wirklich so aussehen wie im Botanischen Garten in Batumi, im Teil Transkaukasus. Hier ist es eine Bergstrasse, die je weiter wir kommen, in einem schlechteren Zustand ist. Unterwegs sehen wir noch ein paar ärmliche Siedlungen, fahren durch das felsige Tal bis wir endlich in Lahic auf etwa 1400 m über Meer ankommen.
Auf dem Dorfplatz ruhe ich mich etwas aus und schon kommt ein junger Azeri zu mir. Er spricht kaum Englisch und sagt, ich solle mitkommen. Ich bin etwas überrumpelt. Er führt mich zu einem anderen Mann. Noch immer bin ich unsicher. Als ich merke, dass er Hidayat Haciyev mit seiner Pension ist – genau was ich eigentlich suche – ist alles wieder OK. Die Pension ist einfach und ich beziehe ein Bett in einem Anbau an das Haus. Entsprechend dem lokalen Standard gibt es nur so ein “Hockklo” (aus Steinen gemauert). Immerhin ist WC-Papier vorhanden, was mir wichtig ist. So lässt es sich arrangieren. Mir ist mittlerweile so ein Hockklo sowieso lieber als eine arg verschmutzte WC-Schüssel nach westlichem Standard. Falls ich Duschen will, muss ich entweder mit kaltem Wasser vorlieb nehmen, oder zuerst ein Feuer machen und den Boiler heizen… Wasser zum Zähne putzen und mich etwas Waschen beziehe ich am Wasserhahn im Garten. Es gibt zwar noch einen oben beim Haus. Gespiesen werden diese wahrscheinlich mit irgendwelchem Quellwasser. Wer weiss woher… Technologisch schliessen die Einheimischen aber auch auf, es gibt Strom, TV, Händy mit Mobilnetz und im Dorf einen kleinen “Internet Klub” mit einer sehr langsamen Leitung…
Ein Spaziergang führt mich durch Lahic. Hier hat die Schweiz mal Entwicklungshilfe gesponsort, immerhin weist ein Tafel beim Hauptplatz daraufhin. Man sieht hier mehr Pferde als Autos auf den Strassen! Doch vereinzelt fährt ein Neureicher mit seinem teuren Jeep durch das Dorf. Irgendwie passt das einfach nicht. Bei einem Kupferschmied lege ich mal eine Pause ein und schaue ihm zu. Wie so oft wird mir ein Cay angeboten. Sein Hämmern auf dem Kupferblech unterbricht das Zwitschern der Schwalben, welche in der Werkstatt/Laden ein und ausfliegen und dort nisten! Allerdings wirkt dieses Hämmern mit der Zeit ohrenbetäubend. Ich hätte gerne eine kleine Schelle als Souvenier gekauft, doch als ich realisiere, dass es aus irgendeinem Metall ist und nur goldig angemalt wurde, lasse ich es sein. Vielleicht finde ich noch etwas anderes kleines. Ich laufe bis ans andere Ende des Dorfes. Wenige Leute sind auf den Strassen unterwegs. Beim Bach ausserhalb des Dorfes, er hat ein etwa 200-300 m breites Bett, geniesse ich meine Mittagspause. Wegen der intensiven Sonnenstrahlen, suche ich ein kühles Plätzchen im Schatten. Auf dem Rückweg durchs Dorf komme ich durch einen Friedhof. Er wird gerade durch ein paar Hühner bevölkert. Dann kommt eine Moschee (es gibt hier 2 oder 3 davon), das kleine Museum (wo der Aufseher gerade schläft) und die Touristeninformation (! leider gerade geschlossen).
Trotz der Hitze in der Sonne entschliesse ich mich am späten Nachmittag zu einem Marsch zum Wasserfall. Er soll etwa 3 Kilometer entfernt sein. Ich brauche etwa 1 h 15 min, um dem Säumerpfad entlang des Baches zu folgen. Es geht immer wieder hoch und runter und einige Male muss ich über den Bach springen. Mir kommen Holzfäller mit ihren Pferden entgegen, welche das Brennholz ins Tal tragen. Ich sehe den Wasserfall von weitem. Um etwas näher an ihn heran zu gelangen, folge ich dem Säumerpfad einen Pass hoch, wo auch das Holzschlaggebiet ist. Der Kaukasuswald ist hier einfach herrlich. Den schönsten Blick auf den Wasserfall habe ich, als ich einen Abhang etwas hinuntersteige – etwas riskant, ist die Steigung teilweise sicher mehr als 100% geht es einige Meter bis ins Tal… Naja, ich hab es wieder nach Hause geschafft, sonst könnte ich dies hier ja gar nicht schreiben ;-)
Am Abend esse ich bei der Gastfamilie (Ehepaar, der Sohn Ruslan ist schon ausgeflogen) Hühnchen. Es ist ein einfaches Essen, trotzdem oder vielleicht gerade deshalb schmeckt es mir sehr. Am Abend laufe ich noch etwas durchs Dorf, wo ich nochmals den Einheimischen Führer vom Morgen treffe. Bei einem Cay schauen wir den anderen Männern beim Domino spielen zu. Dann treffe ich im Dorfzentrum noch auf Rafet (?, 24 Jahre). Er kommt aus Lahic und arbeitet jetzt bei einer Bank in Baku. Jetzt macht er gerade etwas Urlaub hier in Lahic und hilft seinem Vater im Laden aus. In fliessendem Englisch schildert er mir das Dorfleben, welches im Sommer hauptsächlich durch den Tourismus, im Winter durch Frieren bestimmt wird… Es hat schon lange eingedunkelt, der Vollmond (?) scheint und es ist nun Zeit zum zu Bett zu gehen. Doch das Bett hängt so fest durch, dass ich kurzerhand die Matratze auf den Boden verschiebe. So kann ich wenigstens schlafen.

image
image
image
image
image

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *