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Ausflug nach Балаклава (22. Juni 2012)

Balaklava liegt gut versteckt in einer geschwungenen Bucht, welche vom Meer nicht einsehbar ist. Das wussten schon die alten Griechen zu schätzen und auch die Sovjets machten sich daraus einen Nutzen. Ein guter Grund für mich, einen Tagesausflug nach Балаклава zu machen. Zusammen mit den beiden Russinnen, die im privaten Appartement des Hostels Unterkunft gefunden haben, reise ich mit Trolleybus und Marshrutka nach Балаклава. Dort zeigt sich aber schon bald nach dem Aussteigen, dass wir nicht die gleichen Interessen haben. Vorallem die eine der beiden Frauen hat einen strikten Reiseplan zusammengestellt. Dass dies nicht ganz im Sinne ihrer Kollegin ist, ist ein anderes Thema. Also ich stehe da, die eine fragt ein paar Leute nach dem Weg und schon wollen sie losmarschieren. Da muss ich nochmals bremsen. Erst als ich nochmals nachfrage, stellt sich heraus, dass sie zum Генуэзская крепость Чембало – der Festung oberhalb der Bucht – wollen. Ich aber habe andere Pläne und so entschliesse ich mich, mich von den beiden loszulösen und meinen eigenen Weg zu gehen.
Zuerst gehe ich zum Hafen und schaue auf die gegenüberliegende Seite der Bucht. Dort ist sie – das Объект 825ГТС. Auf Meeresspiegelhöhe ein grosses Loch im Berg. Ich laufe um die Bucht herum, um schliesslich zum gesuchten Museum zu kommen. Ich besorge mir ein Ticket und schliesse mich der Gruppe mit Führer an. Mir ist es unklar, ob ich alleine einfach durchwander kann oder ob man eine Führung mitmachen muss. Ganz klar ist das hier nie. Ich bin gelangweilt ab dem russischen Geplapper des Führers. Ein andere Aufpasser in einem Tarnanzug steht auch noch da. Ich weiss nicht recht, was ich machen soll. Schliesslich gehe ich mit der Gruppe mit in das Loch – und irgendwann sondere ich mich ab. Doch der Aufpasser läuft nicht mehr weiter in das Loch hinein und ich habe nun plötzlich das Gefühl, einen persönlichen Aufpasser zu haben – toll, genau das was ich mir gewünscht habe. Aber es stellt sich dann heraus, dass es gar nicht so schlimm ist. Der Aufpasser bietet mir nach an, ein Foto von mir zu machen. Dass die Fotos nicht so gut sind ist ein anderes Thema und liegt vielleicht auch an der Kamera. Also schliesslich finde ich heraus, dass man da wohl auch mehr oder weniger frei rumlaufen kann. Es hat bei den einzelnen Stationen Aufpasser aber sonst ist es nicht so wild.
Also was ist das Объект 825ГТС? Es ist ein Tunnel auf Meereshöhe, den die Sovjets durch den Berg getrieben haben. Der Tunnel diente als Stützpunkt für U-Boote für deren Wartung, Instandhaltung und als Versteck. Und weil er nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurde, musste er natürlich einen Atombombenangriff überstehen können. Kein Wunder war das sehr, sehr geheim… Nun, wenn ich aber so durch die Gänge laufe, imponiert mir das Bauwerk von seiner Grösse und Dimension nicht so stark. OK, vielleicht bin ich als Angehöriger der Schweizer Armee da auch etwas verwöhnt und ich bin mir sicher, dass es in der Schweiz noch grössere Bunkeranlagen zu finden sind. Spannend aber ist der Tunnel im Wasser. Die reflektierten Lichter im Wasser faszinieren sehr.
Nachdem ich am Ende der Bunkeranlagen angelangt bin, gehe ich nochmals zurück. Per Zufall begegne ich nochmals den beiden Russinnen vom Morgen. Doch sie scheinen ein Schnellzugstempo zu haben und laufen meiner Meinung nach einfach schnell durch den Bunker. Auf meinem weiteren Rückweg muss ich den einen Aufpasser davon überzeugen, dass ich noch den anderen Ausgang des Wasser-Tunnels sehen muss. Den habe ich nämlich beim Nachlaufen der Führung verpasst. Zuerst heisst es “нет” aber anscheinend kann ich ihn doch überzeugen, dass ich nochmals zurück kann. Nach ein paar Fotos gehe ich schliesslich den normalen Weg zurück zum Ausgang aus dem Bunkersystem. Leider treffe ich die beiden russischen Girls nicht mehr an. Entweder waren sie so schnell im Verschwinden aus Балаклава oder sie habe sich für etwas anderes entschieden.
Ich bleibe noch etwas in Балаклава. Leider gibt es keine regulären Boote nach Фиолент. Beim Anschauen der (Postkarten-) Bilder entschliesse ich mich, dass ich noch zur Генуэзская крепость Чембало – der alten Festung – hochlaufen muss. Der Weg ist nicht weit, doch in der Mittagshitze, ohne schattendspendende Bäume, ist es eine schweisstreibende Sache. Ich bin nicht der Festung wegen hier oben – es gleicht mehr einem Trümmerfeld als einer Burg. Immerhin sehe ich ein paar halbzerfallene Türme und Mauern, wobei der Hauptturm für Restaurationsarbeiten eingerüstet ist. Aber ich bin mehr wegen der Aussicht hier, denn von hier kann man die geschwungende Bucht gut überblicken und ich sehe auch den Ein- und Ausgang des Tunnels vom Объект 825ГТС.
Nach meinem Ausflug zur Festung nehme ich die Marshrutka zurück bis zum 5 km Markt, wo sich eine verwirrenden Busstation befindet. Ich wähle den sehr gut gefüllten Minibus nach Фиолент. Dort soll sich der schönste Strand von СЕВАСТОПОЛЬ befinden. Nach einigem Nachfragen und dem Folgen von Leuten in Badebekleidung sehe ich den Strand. Doch bis dorthin ist es noch ein weiter Weg, denn unzählige Treppenstufen führen die Klippe hinab zum beliebten Kiesstrand. Ich verweile etwas am Strand. Baden und Schwimmen ist nicht so mein Ding, also lasse ich es bleiben. Schliesslich wage ich mich auf den Rückweg, die Treppe hoch. Er zaubert mir ein paar wunderschöne Schweissperlen auf die Stirne, die langsam in meine Augen rinnen…
Am Abend gehe ich mit ein paar anderen Gästen vom Hostel etwas in den Ausgang. Nach einer langen Minibusfahrt und einen Marsch durch einen unendlich gross erscheinenden Park sind wir an einer “Partymeile” am Strand. Wirklich viele Leute hat es hier nicht, obwohl Freitag ist. Das Essen ist so-so, und die anschliessende Party im OpenAir-Club nicht so mein Ding. Warum diese weissen Blitzlichter, die einem immer frontal blenden? Und sonst auch nie farbiges Licht. Naja toll… Es scheint mir etwas “fake” zu sein. Um etwa Viertel nach 2 verlasse ich die anderen und gehe auf den Rückweg. Es dauert mehr als eine halbe Stunde bis die gewünschte Marshrutka kommt. Und erst um etwa 4 Uhr bin ich dann im Bett… Es folgt eine kurz Nacht mit wenig schlechtem Schlaf und einem Tag Nichtstun…

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Heisse Neuigkeiten aus СЕВАСТОПОЛЬ (21. Juni 2012)

In Sevastopol ist es heiss. Sehr heiss. Das Thermometer zeigt mindestens 30 °C an. Im Schatten ist das ja noch erträglich – aber wehe, man findet kein schattiges Plätzchen. Dann brennt die Sonne genadenlos auf den Kopf. Mein Dächlichäpli habe ich in Georgien gelassen, also muss ich noch ein paar Tage ohne Auskommen. Aber das ist nicht so schlimm, denn selbst mit Sonnencrème bewaffnet suche ich nur schon aufgrund der hohen Temperaturen wenn immer möglich den Schatten. Was passiert, wenn man zu lange ohne Schutz in der Sonne bleibt, haben mir schon genügend ander Leute demonstriert. Rot wie Krebse laufen sie zum Teil herum. Zum Glück ist es im Hostel cool. Zum einen durch die Klimaanlage (die nach meinem Geschmack zu viel und zu fest läuft) und ein paar coole Leute ;-)
Heute morgen bleibe ich noch etwas im Hostel und plane meine nächsten Tage. Es bleibt nicht mehr viel Zeit… Schliesslich wage ich mich um den Mittag doch noch nach draussen. Von einem Schatten zum nächsten hüpfe ich unter den Bäumen durch. Schliesslich lande ich beim “Panorama”. Nach einigem zögern kaufe ich ein einfach Billett. Die Option “fotografieren” lasse ich mal weg – dafür auch noch Geld verlangen finde ich eine Frechheit. Zudem weiss ich ja nicht mal was es genau zu sehen gibt und im Internet findet man sicher irgenwo ein schönes Foto. Das Panorama ist ein riesiges Rundumgemälde und zeigt den Sonnenaufgang vom 18. Juni 1855 – vielleicht ist es auch der 6. Juni 1855 – ich habe da zwei verschiedene Quellen (www.englishrussia.com und www.wikipedia.org). An diesem Morgen attackieren französische und brittische Truppen die von den Russen kontrolierte Stadt СЕВАСТОПОЛЬ, wobei schliesslich die Russen das Nachsehen hatten.
Das Panorama ist eine angenehme Abkühlung – doch nun bin ich wieder draussen in der Hitze. Ich setzte mich in den Schatten und beobachte Leute… Dann wage ich mich doch noch zum Bahnhof. Ich kaufe mir ein Billett für einen Nachtzug am 26. Juni von СІМФЕРОПОЛЬ nach Київ.
Die Temperaturen und Trockenheit haben auch anderer Auswirkungen. Es brennt! Ein Grassstück am Hang steht in Flammen. Von weitem höre ich die Sirene eines Blaulichtfahrzeuges. Das Geschehen erregt meine Aufmerksamkeit und darum entschliesse ich mich, auf dem Rückweg vom Bahnhof zum Hostel dort vorbei zu gehen. Gerade als ich dort ankommen, fährt ein Tanklöschfahrzeug der Feuerwehr heran. Als Feuerwehrmann bin ich natürlich neugierig, was sie jetzt machen und so schaue ich dem Treiben eine ganze Weile zu. Bald kommt ein uraltes, zweites Tanklöschfahrzeug herangefahren. Nach einer kurzen Lagebeurteilung entschliessen sie sich, das Feuer von oberhalb des Hanges in Angriff zu nehmen und fahren dorthin. Sie sind ausserhalb meines Blickwinkels. Erst als ich die Treppe den Hügel hochsteige und den parallelen Weg oberhalb der Feuerstelle entlang laufe, sehe ich die zweite Truppe wieder. Schliesslich machen sie den letzten Flammen den Garaus.
Ein ganz anderes heisses Thema sind die ukrainischen Frauen. Hübsch sind sie und auf Highheels (wenn nicht Flip-Flops oder Sandalen) zu gehen, ist benahe ein muss. Doch interessant ist vor allem, dass es hier durchaus üblich ist, dass frau auch einfach mal keinen BH trägt. Naja, das heisst jetzt aber nicht, dass sie “oben ohne” sind…

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Ausflug nach БАХЧИСАРАЙ (20. Juni 2012)

Bakhshysaray ist die alte Hautpstadt der Krim Tataren, einem islamischen Volk. Mit der Marshrutka gelange ich in diesen Ort – es ist mehr ein grosses Dorf als eine Stadt. Trotz dem frühen Aufstehen ist es schon bald Mittag als ich in der Touristeninformation eine kleine Karte erstehe. Den Khan’s Palast hebe ich mir für später auf, so was ähnliches habe ich schon in Şäki und Istanbul gesehen.
In der gleissenden Hitze laufe ich zum Чуфут-Кале. Durchs Tal immer weiter nach oben. Zum Glück verläuft ein beachtlicher Teil des Weges im Wald. Schliesslich gehts hoch aufs Plateau, wo sich die Überresten der (Höhlen-) Stadt befindet. Wirklich viele Höhlenwohnungen hat es nicht, nur am Rand des Plateaus, wo die Felsen steil abfallen sind ganz oben einige Räume in den Felsen gehauen. Auf der Plateaufläche sehe ich überall Mauerresten, die von Bauten zeugen. Irgendwann habe ich genug alte Steinblöcke gesehen. Selbst mein Fotoapparat hat entschieden, dass an dieser Stelle fertig ist – “Battery exhausted”… Darum gibt es von nun an keine (Farb-) Bilder mehr…
Um mich von der brütenden Mittagshitze zu entziehen steige ich ins Tal ab. Weiter hinten im Tal befindet sich eine ganz spuckige, morbide Stelle. Unzählige, mit hebräischen Schriftzeichen übersähte Grabsteine – teils umgefallen, teils in beachtlicher Schräglage – sind hier im Wald zu finden. Es ist Иософатова Долина – der Karaite Friedhof. Schade ist es Mittag – in der Dämmerung wäre die Stimmung sicher genial.
Auf dem Rückweg mache ich Halt im Uspensky Monastery, einem kleine Kloster das in den Fels gehauen wurde. Nur der Glocketurm ragt prominent über die zum Kloster aufsteigende Treppe. Wiedereinmal werde ich Zeuge, wie sich orthodoxe Christen in und um eine Kirche verhalten. “Kreuze schlagen”, Kerzen anzünden und Heiligenbilder küssen. Ein Mönch betet – mit einem monotonen Lallen von unverständlichen Silben. Bei der Quelle fülle ich meine Wasservoräte wieder auf – in dieser Hitze habe ich schon 3 Liter Wasser getrunken.
Mit der Marshrutka geht die Fahrt schnell und angenehm zurück ins Dorf. Abschliessend besuche ich den Komlex um den Khan’s Palast. Den Palast selber besuche ich nicht mehr, es ist schon zu spät und ich bin zu müde. Immerhin gelingt es mir mit der leeren Batterie meiner Digitalkamara zwei Fotos zu machen. Eines vom Palast mit dem Falkenturm und eines von der Moschee. Wahrscheinlich für einige Zeit ist es das letzte Mal, dass ich in einer Moschee bin. Einem Mann schaue ich noch etwas beim Beten zu. Und als ich das Dorf verlasse höre ich noch den Muezzin singen.
Es sind also mindestens drei Religionen oder Spuren davon hier in БАХЧИСАРАЙ zu beobachten…

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ВИЛКОВО – ОДЕСА – СІМФЕРОПОЛЬ – СЕВАСТОПОЛЬ (17. – 18. Juni 2012)

Wie immer bin ich knapp dran. Und beim Zusammenpacken bin ich auch nicht so überlegt vorgegangen. Das spüre ich jetzt beim Tragen des Rucksacks. Noch habe ich fast 30 Minuten Zeit und es sind noch etwa 2 Kilometer vor mir. Am Sonntag Morgen um etwa 07:30 laufe ich durch das Dorf. An der Strasse warten ein paar Leute auf die Gratismashrutka, in der Kirche wird schon kräftig gesungen. Ich verlasse mich nicht auf die Mashrutka und laufe weiter. Schweissperlen rinnen mir schon von der Stirn. Kurz vor Abfahrt bin ich dann bei der Haltestelle im Zentrum.
Während der Fahrt präsentiert sich die Ukraine in der typischen Art – flach. Dem Namen als Kornkammer macht sie sich hier auch alle Ehren, denn man sieht weite Felder, die sich schon goldgelb verfärbt haben. Dann kommt uns eine Kollone von Mähdreschern entgegen. Zuerst einer, dann zwei, drei, … , viele! Ich habe sie nicht alle zählen können, doch ich schätze, dass es insgesamt 25 Mähdrescher sein müssen. Weiter gehts durch die Ebene und wieder über die moldawische Grenze nach Odessa.
In Odessa kaufe ich mir als erstes ein Billet für den Nachtzug nach Simferopol. Das war nicht so kompliziert, aber warum können sie mir nicht gleich ein Billett nach Sevastopol verkaufen? Nach einem Lebensmittelkauf verziehe ich mich in einen Park um meinen Hunger zu stillen. Und schon kommen die Bettlerinnen mit den Kindern auf dem Arm. Die eine gibt sich mit einem Stück Brot zufrieden, eine andere will mir das Brötchen “ausreissen”, das ich mir zum Dessert vorgesehen habe. Aber da kenne ich kein Erbarmen. Dann klopfe ich im Babushka Grand Hostel an, wo ich noch etwas verweile. Mit den anderen vom Hostel gehen wir zum Beach House Hostel, wo ich auch schon war, und geniesse feines Pouletfleisch vom Grillspiess. Schliesslich gehen wir gemeinsam mit einem Taxi zurück zum Bahnhof wo ich noch ein knappe Stunde bis zur Abfahrt meines Zuges warten muss.
Um plus oder minus genau eins vor Zwölf, geht dann die Höllenfahrt los. Dass diese Fahrt für mich so unangenehm ist liegt nicht daran, dass ich ein Billett der günstigsten Klasse (Platzkart) gekauft habe. In dieser Klasse sind die Schlafabteile nicht abgetrennt und entlang der Gangseite hat es auch noch Betten. Ich leide viel mehr unter den hohen Temperaturen. Bei der Abfahrt hat das Thermometer stolze 30 °C angezeigt. Und weil die meisten Leute bald schlafen gingen, schlossen sie entsprechend die Fenster. Dummerweise habe ich ein Bett der oberen Klasse – oder einfach eines das oben ist… Kaum lege ich mich hin schwitze ich schon gleich. Zudem ist das Bett sehr kurz oder mindestens bei den oberen Betten stört die Aufhängung. So kann ich bis um etwa 2 Uhr nicht einschlafen… Und am Morgen verwache ich pünktlich zum Sonnenaufgang für einen Gang zur Toillette. Noch dauert es ein paar Stunden und ich schmachte vor mich hin bis wir endlich um etwa halb 12 in Simferopol ankommen.
So, wie gehts weiter? Ich versuche den Fahrplan der Züge nach Sevastopol ausfindig zu machen, doch ich bin nicht so erfolgreich. Schliesslich stelle ich mich einfach mal an einen Schalter hin und warte bis ich an der Reihe bin. Auf die Frage, ob sie Englisch sprechen, heisst es, ich solle ein paar Minuten warten. Dann führt mich eine junge Dame mit besten Englischkenntnissen zu den Schaltern für “Urban Transport” Wenn ich mich nicht irre, steht das oberhalb der Schalter geschrieben. Eine bessere Übersetzung hätte mir vielleicht auch weitergeholfen… Ich muss also eine “Elektrishka” nehmen. Noch habe ich eine Stunde Zeit, um mich wieder mit etwas essbarem und Getränken einzudecken. Dann geselle ich mich zu den vielen Touristen und warte…
Die Zugsfahrt mit der Elektrishka ist ein weiteres kleines Abenteuer. Ich will nicht wissen wie alt diese Fahrzeuge sind, aber die Fensterrahmen sind aus Holz, ebenso wie die Sitzbänke. Dass die Billettkontroleurin mit einem Fahrgast eine heftige Diskussion hat erstaunt mich wenig, nur schade habe ich keine Ahnung was sie sich vorwerfen, aber es tönt nicht freundlich. Die Fahrt durch die Insel Krim zeigt nun erstmals hügeliges Gelände. Aber wirklich atemberabend sind diese Erhebungen auch wieder nicht. Das Klima hier ist schon sehr trocken, das Gras wird schon braun-gelb – etwas das mir eigentlich weniger gefällt. Und schon fahren wir in Sevastopol ein. In den Buchten hat es überall Kriegsschiffe und ein U-Boot habe ich auch schon gesichtet. Da wird es noch so einiges zu entdecken geben.

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ВИЛКОВО (13. – 17. Juni 2012)

Dass Vilkovo das Venedig der Ukraine ist steht in meinem Reiseführer, doch dass dem wirklich so ist, habe ich wiedereinmal erst am letzten Abend realisiert. Doch dazu später. Denn in meine Reiseführer steht auch, dass die Mashrutkas (Minibus) alle 2 Stunden von Odessa nach Vilkovo fahren. Jetzt stehe ich aber um 9 Uhr (die Fahrt mit dem Mashrutka hierher hat viel länger gedauert als erwartet) endlich bei der Busstation und – die nächste Mashrutka nach Vilkovo fährt erst um 11:50. Toll, eine ganze lange Weile warten… Die Fahrt selber ist für mich die reinste Tortur. Bevor wir abfahren herrschen schweisstreibende Temperaturen im Bus. Dann habe ich einen Platz unterhalb des Dachfensters erwischt. Das bedeutet Zugluft pur. Während die einen sicher froh darum gewesen wären, bedeutet es für mich den sicheren Tod – oder zumindest wieder eine Erkältung. Und genau so kommt es auch. Als der Bus plötzlich eine wartende Schlange Lastwagen vor sich hat, ahne ich böses. Wir befinden uns vor der Grenze zu Moldawien! Ich kenne die Einreisebestimmungen für Moldawien nicht und habe ein flaues Gefühl in der Magengegend. Als der Grenzkontrolleur in die Mashrutka schaut, heisst es einfach Gute Mine zum bösen Spiel zu machen. Doch schliesslich ist das ganze nur halb so wild. Die Kontrolleure zählen die Passagiere im Bus, schreiben die entsprechende Zahl auf ein offizieles Zettelchen und geben dieses Papierchen dann dem Fahrer. Dann fahren wir ein paar Kilometer über moldawischen Boden bis wir zur nächsten Grenzkontrolle kommen. Dort schaut ein weiterer Kontrolleur in die Mashrutka und nimmt das Zettelchen vom Fahrer entgegen. So geht das also. Mit viel Zugluft geht die Fahrt weiter und mit jedem Windchen an meinen Nacken fühle ich die Erkältung näher kommen… In Vilkovo habe ich Glück. Zuerst frage ich ein Mädchen, das am Warten ist, nach dem Weg. Dann fährt mich ihr Vater, auf den sie gewartet hat, direkt zu meiner Pension. Ich hätte die etwa 2 Kilometer auch sicher zu Fuss geschaft, aber warum rät mir hier jeder davon ab – es ist weit, es ist weit? Mein Zimmer ist klein, im ersten Obergeschoss eines kleines Häuschen direkt unter dem Dach – und es ist stickig warm.
Am nächsten Tag habe ich zuerst ein paar Anlaufschwierigkeiten. Ich muss mich zuerst überwinden, ins Dorf zu laufen, um etwas zum Essen zu kaufen. Dann habe ich wieder etwas Glück. Es bietet sich mir die Gelegenheit, mit einem älteren deutschen Pärchen auf eine Bootstour durchs zum “Bird Watching” zu gehen. Das teilt die Kosten und ich komme günstig zu einer Tour durchs Danube Delta. Mit einem kleinen Schnellboot fahren wir den Flussarm hinunter zum Delta. Überall säumt Schilf das Ufer. Bei den Sandbänken, wo der Fluss ins Schwarze Meer mündet, sehen wir viele Vögel (es mögen tausende sein). Darunter hat es Kormorane und Seeschwalben (oder so etwas), aber auch Pelikane sehen wir. Wir legen bei einer Sandbank an und erkunden diese etwas. Als wir kommen, fliegen alle Vögel auf. Wir sind ihnen wohl zu nahe, denn am Boden finden wir ein Nest mit grün-braun gesprenkelten Eiern drin. Ich finde auch noch wunderschöne Schneckenschalen – solche habe ich bis jetzt erst an Souvenierständen gesehen. Ein weiteres Souvenier zum mit mir rumschleppen.
Die nächsten beiden Tagen habe ich zu kämpfen – mit mir selber. Die Hinfahrt fordert ihren Tribut und ich habe noch immer eine kleine Erkältung mit leicht Fieber, Kopfschmerzen und Gliederschmerzen. Dagegen hilft mir Panadol, nur geht mir diese Droge aus. Doch meine Verdauungsschwierigkeiten sind auch nicht gerade angenehm…
Trotzdem, oder gerade weil ich weiss, dass ich weiterreisen muss, gehe ich am letzten Abend noch auf Entdeckungsreise ins Dorf. Bei der Brücke folge ich auf dem Brettersteg dem Kanal. Irgendwann biege ich in ein “Seitengässchen” ein. Eine wirkliche Gasse ist das nicht, sonder viel eher ein kleiner Kanal, entlang dessen ein kleiner Brettersteg führt. Auf meiner Entdeckungstour folge ich noch etwas den kleinen Kanälen durchs Dorf, bis ich schliesslich zum Nachtessen zurück zur Pension muss.

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Одеса (6. – 13. und 17. Juni 2012)

Für die einen ist es die Perle am Schwarzen Meer – für andere ist es die Stadt der Kontraste – und für mich ist es… Naja, was soll ich denn sagen, wenn ich hier mein Hostelbett optimal ausnutzte und möglichst lange darin liegen bleibe?
Am 6. Juni bin ich zusammen mit Olesia, Igor und Julien hier angekommen. Die erste Nacht verbrachten wir in einer Sovjetabsteige im Bahnhof. Dort hat es eben noch aus den Zeiten der Sovjets ein paar Appartements, man könnte auch Zimmer sagen, die man für eine Nacht oder mehrere mieten kann. Nur sind die sehr spärlich eingerichtet und WC und Dusche ist auf der Etage. Dass es nicht ganz sauber war würde mich ja nicht erstaunen oder ekeln, aber abgeschnittene Fingernägel am Boden… Häufig teilt man dann den Raum mit jemandem Unbekannten. Kein Wunder fühle ich mich hier überhaupt nicht wohl… Am nächsten Tag reisen Olesia und Igor am Abend nach Kiev, nach Hause, während Julien sich schon am Morgen “selbständig” macht. Ich wechsle die Schlafgelegenheit. Weil Igor am Tag noch viel alleine unterwegs ist und dauernd telefoniert, besuche ich mit Olesia die Sehenswürdigkeiten und den Hafen von Odessa. Am Abend besuchen wir nochmals die Partymeile Arkadia Beach. Zum Glück ist noch nicht Hochsaison…
Die nächsten Tage verbleibe ich vorallem im Babuschka Grand Hostel (www.babushkagrand.com). Julie, die auch im Hostel “wohnt”, macht auch noch ein paar schöne Bilder vom Hostel (www.lovelyodessa.com). Auf ihrem Blog findet man auch noch weitere Bilder und Texte (französisch…) über Odessa. Der Grund warum ich so lange hier im Hostel und im Bett bleib möchte ich euch ersparen – kurzum, es ging mir nicht besonders gut. Verschiedene äussere (warm/kalt, Wind) sowie innere Faktoren haben wohl dazu geführt…
Der Besuch des “Free Markets” am Sonntag, als es mir wieder besser geht, ist ein tolles Highlight. Naja, eigentlich ist es etwas ein Ramschmarkt, alle verkaufen etwas, das wohl niemand brauchen kann… Daneben findet auch noch ein Tiermarkt statt. Man kann alles haben: Hunde, Katzen, Hasen, Hühner und Hähne aber auch junge Bibeli und Entchen. Ein Hühnerbibeli könnte man für 25 Griven (etwa 3.- Fr.) haben. Selbst Frettchen verkaufen sie hier. Nur – ich will eine Kuh und das haben sie nicht ;-) Zum Glück, denn ich habe noch etwas anderes gesehen, das mir “gefallen” hat. Am Anfang vom Markt sagte ich mir, dass ich den grössten Gabelschlüssel, den ich finden kann, kaufe. Schlussendlich habe ich es gelassen und ihn nicht gekauft, es wieder bereut und bin an einem anderen Tag zurückgekehrt… Dann war der “Free Market” nicht mehr da, aber der Schrotthändler war zum Glück noch da. Für 35.- Griven kaufe ich mir einen tollen Gabelschlüssel – türkis-grün angemalt und Grösse 50/55! Das sind stolze 45 cm Stahl! Die Farbe passt gut zum blauen Rucksack und die Leute schauen mich sicher blöde an :-) Das ist mein Souvenier von Odessa. Ich hoffe nur, dass es mir bei der Polizei keine Probleme macht…

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M/V Greifswald – Batumi-Ilyichevsk (3. – 6. Juni 2012)

Von Georgien möchte ich weiter in die Ukraine reisen. Rund ums Schwarze Meer ist etwas kompliziert, wenn überhaupt möglich. Denn für Russland bräuchte ich ein Visum und das zu kriegen ist anscheinend nicht ganz einfach. Zudem macht die anhaltend angespannte Situation um Abchasien das ganze nicht einfacher. Da ich auf dieser Reise das Fliegen als Fortbewegungsmittel ausschliessen möchte, bleibt mir nur noch der Landweg über die Türkei oder per Schiff über das Schwarze Meer. Den ganzen Weg durch die Türkei zurückreisen möchte ich nun wirklich nicht. Also bleibt nur noch das Schiff. Doch wie funktioniert das mit den Fähren hier? Auf der Internetseite www.ukrferry.com kann man den Fahrplan anschauen und weil es von Poti weniger Verbindungen gibt als von Batumi, bin ich wieder nach Batumi gereist. Hier heisst es etwas rumhängen und auf die Fähre warten. Am 30. Mai bin ich in Batumi angekommen und am 3. Juni sollte die Fähre ablegen, da bleibt mir noch genügend Zeit um ein Ticket zu organisieren. Zunächst gehe ich zum Gebäude der Hafenverwaltung. Der Portier/Sicherheitskontrolleur erleutert mir, dass ich zur Agency an der Kutaisi Street 34 gehen soll. Also versuche ich es dort nochmals. Die Frau erklärt mir in gebrochenem English, dass die Fähre am Samstag 2. Juni ankommt und am Sonntag 3. Juni wieder ablegt. Für ein Ticket soll ich am Samstag um 14 Uhr nochmals kommen. Die günstigsten Billette im 4-Bett-Raum kosten 170 $. Bezahlen muss man mit Lari. Ich versuche herauszufinden, wie gut die Fähre ausgelastet ist und ob es genügend freie Plätze hat. Doch da ist nichts zu machen, an diese Information komme ich nicht ran.
Es heisst also warten bis am Samstag… Endlich ist es so weit. Ich suche einen Bankomaten (ATM) und hebe etwas mehr als 300 Lari für das Ticket ab. Dann in die Agency an der Kutaisi Street 34. Dort reservieren sie mir ein Ticket. Ich muss die Treppe hoch zur Frau, die für das Rechnungswesen zuständig ist. Sie erstellt mir Formular mit den Zahlungsangaben für eine Banküberweisung. Selbstverständlich muss ich jedes Mal den Pass zeigen. Mit dem Zahlungsformular muss ich zur Bank Republic, um die Zahlung auszuführen. Zum Glück hat diese Bank am Samstag geöffnet! Das ist sicher ein spezieller Deal mit der Fährgesellschaft… Der Schalterbeamte tippt immer wieder auf seiner Tastatur rum. Den Pass muss ich natürlich auch noch zeigen – die ID reicht nicht… Mehrere Minuten verstreichen. Mit e-Banking hätte ich das wahrscheinlich viel schneller erledigt gehabt. Bezahlen tue ich mit Lari. Welch ein Verlust beim dauernden Geldwechseln: Franken – Lari – Dollar – und am Ende wahrscheinlich Ukrainische Hryvnya… Doch von anderen Reisenden habe ich gehört, man müsse die Zahlung in Lari machen und Dollar werde nicht akzeptiert. Das kann ich beinahe nicht glauben und müsste vielleicht nochmals versucht werden. Schliesslich kriege ich die Zahlungsbestätigung. Damit gehe ich nun zurück zur Agency. Nochmals Pass zeigen und endlich kriege ich das ersehnte Ticket. Erstaunlicherweise steht darauf ein Preis von 165 $. Wo wohl die restlichen 5 $ Dollar gelandet sind? Mit der Information, dass ich am Sonntag 3. Juni um 12 Uhr beim Hafenverwaltungsgebäude sein muss, gehe ich zurück zum Hostel. Für 5 Lari lass ich mir noch einen rassigen Haarschnitt für die Reise verpassen.
Den Rucksack habe ich gepackt und bin bereit für die Schiffsreise. Um 12 Uhr treffe ich begleitet durch Andrew beim Hafenverwaltungsgebäude ein. Dort warten schon einige andere Reisenden, erkennbar an den grossen Gepäckstücken. Doch ich weiss nicht was deren Ziel ist und ob sie die selbe Fähre benützen. Ich versuche herauszufinden, was ich machen muss – erfolglos. Weil ich einige Passagiere sehe, die beim Schalter mit dem Ticket und Pass aufkreuzen, versuche ich es mal so. Doch ich kriege nur die Anweisung “Sit down”… OK, warten, etwas vor mich hin dösen, lesen, mal bei der alten Frau etwas süsses Brot kaufen – so verggehen 1 1/2 Stunden…
Endlich kommt Bewegung in die Menschenmenge. Koffer und Taschen werden rumgetragen. Ich mache es den anderen gleich und schultere meinen Rucksack. Es geht zur Gepäckkontrolle. Beim Durchleuchten meines Rucksack fällt der Kontrolleurin etwas Ungewöhnliches in meinem Rucksack auf. Als ich einen Blick auf den Bildschirm werfe, muss ich auch zuerst überlegen. Es gleicht etwas den Fingerlingen im Magen eines Drogenschmugglers. Nur sind die einzelnen Elemente kantiger. Was ist das? Ach, das sind die Filmrollen für meine Leica! Trotzdem muss ich meinen Rucksack öffnen und eine Filmrolle zeigen. “Geogian Photos?” fragt mich die Frau mit einem Lächeln. Nochmals gut gegangen und ich packe meinen Rucksack wieder zusammen. Dann zwänge ich mich zu den anderen Reisenden in den kleinen gelbgrünen Bus, wie man sie in Batumi als Linienbusse immer wieder sieht. Es hätte sicher mehr als genügend Platz für jeden, wenn nur nicht all das Gepäck wäre… So fahren wir zum Hafen, durchs Tor und – direkt hinten in die Fähre M/V Greifswald rein! Hoffentlich müssen wir die Fahrt nicht so in diesem Bus verbringen… Aussteigen dürfen wir nur einzeln, dann müssen wir bei der Polizei unseren Pass vorweisen. Einen Stempel kriegen wir noch nicht. Dann werden die Pässe der Georgier, Azeris und Armeniern von jemand anderem, ohne Uniform, nochmals angeschaut. Keine Ahnung warum. Vielleicht um sicherzustellen, dass sie in die Ukraine einreisen dürfen? Ich zeige meinen Pass auch noch kurz, man weiss ja nie, was die genau wollen. Alles in Ordnung. Dann wandern wir entlang der Eisenbahnwagen durch den Schiffsrumpf. Mit dem Lift gehts nach oben, an die Reception. Es dauert sehr lange bis alle ihre Zimmerschlüssel habe. Denn einige Leute wollen die Zimmerkategorie wechseln und stiften Verwirrung und sorgen für Verzögerung. Endlich kann ich zusammen mit einem älteren Georgier das 4-Bettzimmer beziehen. Wow, die Luke der Kajüte schaut direkt auf das Vorderdeck und den Bug. Fast wie der Kapitän, nur nicht ganz so hoch oben. Später gesellen sich noch zwei andere ältere Herren zu uns. Jetzt heisst es nochmals warten. Denn noch haben wir den Ausreisestempel noch nicht im Pass. Es ist warm, ich bin müde und lege mich etwas hin. Irgendwann zwischen 5 und 6 Uhr ist es dann so weit. Die Grenzpolizisten haben ihre Laptops mit Kameras und Passlesegeräten bei der Reception aufgebaut. Mit Kontrollstellen und nicht ganz 50 Passagieren verläuft die Kontrolle speditiv. Die Pässe werden dann eingesammelt und aufbewahrt. Schon ein komisches Gefühl, wenn man jetzt für ein paar Tage ohne seinen Pass übers Meer tuckert. Zum weiteren Zeitvertreibe begebe ich mich auf die Gallerie mit Blick aufs Ladedeck. Die Motoren werden gestartet und dicker, scharzer sowie grauer Russ quillt aus den Schornsteinen. Um etwas 19:30 Uhr (Lokalzeit) ist Essenszeit. Das ist wie bei der Mensatür angeschlagen 18:30 Uhr Ukrainischer Zeit. Also mal die Uhren umstellen und essen gehn. Als Abendessen gibt es Reis mit einem dünnen Poulet (?) Schnitzel und Reis. Dazu noch einen Salat aus geraffelten Rüebli und Kohl. Fertig mit dem feinen georgischen Essen und den Salaten aus Tomaten und Gurken. Fertig mit den besten Tomaten, die es gibt. Kaum habe ich das Menü verspiesen, scheint der Horizont vor dem Mensafenster sich zu bewegen. Wir legen ab! Schnell stürme ich nach draussen. Geradenoch sehe ich wie der kleine Schlepper Tamara (I oder II?) dem grossen Schiff hinten einen Schubs gibt. Doch für ein tolles Foto bin ich wiedereinmal zu spät und zu langsam. Janu. Von meinem Zimmer möchte ich die Ausfahrt durch die Kajütenluke festhalten, doch dummerweise ist das Zimmer durch einen Mitreisenden abgeschlossen worden und ich habe keinen Schlüssel. Aus dem Nachbarzimmer mache ich ein ähnliches Foto, aber das ist nicht das selbe… Dafür kann ich im schönsten Abendlicht die Ausfahrt aus dem Hafen im schönsten geniessen und die Mitreisenden kennenlernen.
Die weitere Reise verläuft ruhig. Für meinen Geschmack fast zu ruhig. Das Schwarze Meer ist spiegelglatt. Nur wenn ich ruhig im Bett liege spüre ich manchmal Bewegungen und frage mich, ob diese echt sind oder nur Einbildung. Denn mit etwa 190 Meter Länge und 28 Meter Breite ist die M/V Greifswald doch ein ordentlich grosses Schiff und die kleinen Wellen mögen da wohl kaum etwas ausmachen. Mich nimmt es Wunder, wie denn ein richtiger Sturm an der Fähre rütteln würde. Der Tagesablauf während der 60 Stunden ist immer der gleiche: Aufstehen, Frühstück, rumhängen, Mittagessen, rumhängen, Abendessen, rumhängen und schlafen gehen… Das essen bleibt mir in spezieller Erinnerung, nicht weil es besonders fein war, sonder weil es ein typischer Sovjetfrass war, der nicht gerade liebevoll zubereitet wurde… Dass die Erbsen aus der Dose zum Teil noch kühl waren bestätigte dies nur. Aber in der Not frisst der Teufel fliegen… Dass allergrösste Highlight der Fahrt waren aber sicher die Delfine, die unsere Fähre begrüssten. Einfach aufs Wasser schauen und warten bis wieder ein Delfin vorbei kommt. Vor allem am Morgen kamen sie gerne zur Fähre. Quallen waren die andren Meerestiere, die ich sah. Auch wenn es nicht viele waren – es ist nicht gerade einladend um hier schwimmen zu gehen…
Am frühen Morgen (etwa 6 Uhr) vom 6. Juni erblicke ich die ersten Bojen und Hafenanlagen von Ilyichevsk. Schnell packe ich meine Sachen zusammen und renne mit meinem Fotoapparat aufs Deck. Ich möchte doch die Manöver im Hafen nicht verpassen.  Der Hafen hier ist wesentlich grösser als der eher kleine Hafen von Batumi. Bei der Hafeneinfahrt belgleitet ein kleiner Schlepper unser Fähre, doch im Hafen manöviert das riese Schiff alleine, ohne weiter Hilfe. Das erstaunt mich schon. Also zuerst in den Hafen reinfahren, dann das ganze Schiff im Hafen um 180 ° wenden, um denn rückwärts, mit dem Heck voran, an der Landerstelle entlang des Stegs anzudocken. Das Ganze zusammen dauerte etwa eine Stunde. Dann mache ich mich für die Passkontrolle bereit. Wiedereinmal ist es eine hübsche Kontrolleurin, diesmal in Militäruniform. Da hätte ich schon etwas länger sprechen oder gar flirten können, aber bei der Passkontrolle ist das so eine Sache. Etwas nach 9 Uhr verlassen wir das Schiff. Es dauert dann nochmals 20 Minuten, bis der kleine Bus kommt. Zeit genug um endlich ein paar Fotos von der Fähre zu machen. Mit dem übervollen Bus fahren wir ca 300 m – das Gepäck wird mit einem Hubstapler transportiert… Als hätte ich das nicht zu Fuss machen können. Aber man darf ja nicht. Dann kommt die Zollkontrolle. Weil das Büro gerade im Umbau ist und der Durchleuchtungsapparat ausser Betrieb ist, dauert es sehr lange. Wahrscheinlich ist dadurch der Kontrolleur schon recht müde und mag meinen Rucksack nicht mehr genau kontollieren. Zudem spricht er nur sehr wenig Englisch. Mir soll es recht sein, dass ich meinen Rucksack nicht nochmals auspacken muss. Als ich, zusammen mit Olesia, Igor und Julien, das Zollgebäude verlasse, sind die meisten anderen Reisenden schon verschwunden. Wohin und wie, das wird mir ein Rätsel bleiben. Wir laufen entlang der Kolonne der Lastwagen, die auf die Fähre zurück nach Georgien wollen. Ein Lastwagen hat Schweine dabei. Ich möchte mir die lange und beschwerliche Reise dieser armen Tiere nicht vorstellen – vorallem weil der Lastwagen ein deutsches Kennzeichen hat. Am Ende der Lastwagenschlange kocht ein georgischer Lastwagenfahrer sich ein paar Würstchen. Er lädt uns dazu ein, auch etwas zu essen. Zum Glück, denn ich habe ausser einem Apfel, den mir Olesia gegeben hat, noch nichts gegessen. Endlich holt uns dann ein Freund von Igor mit seinem Auto ab. Zusammengedrängt mit dem Gepäck geht die Fahrt dann nach Odessa, wo wir beim Bahnhof aussteigen.

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Mestia – Adishi – Ushguli – Mestia (25. – 28. Mai 2012)

Ich habe Glück, denn gerade sind 4 Japaner bei uns (dem “Homestay” bei der Familie Ratiani zu Besuch. Sie wollen morgen nach Ushguli fahren und haben dazu ein Taxi gemietet. Es bietet sich mir die Gelegenheit, mit ihnen mitzufahren. Um mich auf meiner Wanderung etwas zu schonen, lasse ich einige Sachen bei der Familie zurück – alles was ich in den nächsten drei Tagen nicht benötige.
Um etwa 9 Uhr werden wir von unserem Taxifahrer für die Fahrt nach Ushguli abgeholt. Über den Ugiri Pass (1923 m) fahren wir Richtung Ushguli. Oben auf dem Pass legen wir einen kurzen Fotohalt ein. Wobei ehrlich gesagt die Aussicht nicht gerade berauschend ist… Als wir dann durch Ipari (Bogreshi) durchfahren braucht es wiedereinmal einige Überzeugungskraft meinerseits, um den Taxifahrere zum Anhalten zu bewegen. Hier beginnt also meine Wanderung. Also nochmals die Packung richtig schnüren und vom Ausgangspunkt ein paar Fotos machen. Gerade läuft ein Holzfäller daher und setzt sich auf die Bank neben mir. Er weigert sich nicht gegen ein paar Fotos…
Von Ipari bis Adishi sind es etwa 10 Kilometer Fussmarsch. Der Weg ist eine Kiesstrasse und führt entlang einem kleinen Fluss durchs Tal. Haselnussbüsche und andere Bäume und Sträucher säumen den schöne Weg. Nach etwa 2 Stunden will ich auf die Karte schauen um meinen Standort zu überprüfen. Doch gerade erblicke ich die Häuser von Adishi. Welch eine Überraschung. Eine Übernachtungsgelegenheit zu suchen gestaltet sich einfacher als erwartet. Von der Familie in Mestia habe ich einen Adresse, beziehungsweise einen Namen bekommen. Gerade als ich beim Dorfeingang ankomme, schaut ein Jüngling (oder was ist man mit 17-22 Jahren?) aus einem Haus raus. Da er in Tbilisi studiert spricht er auch etwas English und führt mich dann geradezu zu meiner Gastfamilie.
Der Aufenthalt bei meiner Gastfamilie ist wie ein kleiner Traum. Mit der jungen Gastmutter kann ich einige Worte Englisch reden, was die Kommunikation etwas erleichtert. Besonders aber gefallen mir die beiden quirligen Mädchen Lika (6) und Anna (4). Mit ihnen albere ich dann auch etwas herum und spiele etwas mit ihnen. Adishi selber ist ein winzig kleines Bergdorf, das vom Zerfall bedroht ist. Einige Häuser sind auch schon eingestürzt und nur noch Ruinen. Schade. Doch die Landflucht hält auch hier an. Momentan sollen noch 27 Menschen hier leben. Es hat hier mehr Schweine, Kühe und Hühner… Und diese Tiere lassen ihre gewissen Hinterlassenschaften einfach auf die Wege fallen, was nicht gerade angenehm ist. Dadurch gleichen die Wege etwa einer Mischung aus Schlammbad, Güllenloch und vielleicht Miststock, nur ohne Stroh. Am Besten wäre man hier mit Gummistiefeln ausgerüstet…
Nach dem Z’morge mache ich mich um etwa 9 Uhr auf und ziehe weiter. Am Anfang ist es kein Problem, dem Weg zu folgen – mal abgesehen von den Kuhfladen und der rutschigen Erde. Doch am Ende des Tals habe ich meine Schwierigkeiten. Meine Karte (gekauft bei Geoland in Tbilisi) “sagt mir”, dass ich die Talseite wechseln und den kleinen Fluss überqueren muss. Ein noch dickes Schneefeld stellt für mich die ideale Brücke dar. Doch wo finde ich den richtigen Weg auf der anderen Talseite? Nach einigem Suchen werde ich fündig. Nun gilt es, etwa 400-500 m auf den Pass hochzukraxeln. Jetzt sprüre ich meinen Rucksack und die Last schon, aber es ist durchaus machbar. Zwischendrin brennt mir die Sonne durch ein Wolkenloch auf den Kopf, während ich immernoch die Regenjacke trage. Diese brauche ich auch, denn kaum komme ich auf 2722 m auf dem Pass an, ziehen Wolken auf und der stürmische Wind wirbelt Schneeflocken daher. Nicht gerade eine angenehme Mittagspause und schon bald mache ich mich wieder auf, um den Berg auf der anderen Talseite nach unten zu steigen. Ich bin noch keine 100 m abgestiegen, da lässt der Sturm mit den Schneeflocken nach und schon bald scheint wieder zwischen durch mal die Sonne. Doch der Schnee und Regen hat auch zur Folge, dass die Wiesen und Wege “pflotschnass” sind. Und schon bald sind meine Schuhe völlig durchnässt. Das kann noch mühsam werden. Ich überlege mir, ob ein Sockenwechsel angebracht wäre, doch noch lasse ich es sein. Der Weg führt mich entlang eines Flusses, man könnte es auch Bergbach nennen, durchs Tal (in jedem Tal hat es ein Flüsschen – wie wären sonst die Täler entstanden?). Die nächste kleine Ortschaft heisst Kalde und besteht aus lauter zerfallenden Häusern und Ruinen. Einzig ein Haus, vielleicht sind es auch zwei Häuser, sind noch bewohnt. Beim einen treffe ich gerade drei Männer, die mich zu einem Tee einladen. Sie sind die ersten Menschen, denen ich seit Adishi begegne. Einer dieser Männer ist gerade dabei, im Holzherd Brot zu backen. Weiter geht’s über Iprari und Kala. Es setzt wieder Regen ein. Gerade beim Dorfausgang von Kala begegne ich einem Soldaten auf einem Pferd. Oder ist er ein “normaler” Zivilist, hier tragen ja alle etwas Uniformen. Doch an den Kleidern sind Abzeichen, also vielleicht doch ein Soldat. Ich gebe ihm zu verstehen, dass ich nach Ushguli laufen will – etwas was er bei dem Regen nicht ganz verstehen will. Doch irgendwann hört jeder Regen auf, und so lässt er auch hier schon bald nach. Meinen Schätzungen nach sind es nun weniger als eine handvoll Kilometer bis Usghuli. Das wird mir auch durch die entgegenkommende Patrouille der Militärpolizei bestätigt. Ganz freundliche Leute waren das und haben mich nur gefragt, woher ich komme. Das fragen mich hier übrigens die meisten und raten dann, ich komme aus Israel. Da müssen wohl viele Israelis vorbeikommen. Endlich komme ich so um viertel vor 18 Uhr in Ushguli an. Da Ushguli grösser als Adishi ist und mehrere kleine, nahebeieinanderliegende Dörfer umfasst, gestaltet sich die Suche nach der mir empfohlenen Gastfamilie etwas schwieriger. Doch zum Glück kennt hier jeder jeden und kontinuierlich werde ich in die richtige Richtung geschickt, bis ich am Ende des Dorfes am richtigen Ort ankomme.
Bei der Gastfamilie von Rati Ratiani ist es sehr angenehm. Nur bin ich mangels nichtvorhandenen Kenntnissen des Georgischen auf die einfachste Kommunikation mit Händen und Füssen angewiesen. Das erlaubt nicht gerade tiefgreifende Konversationen, doch für das Wichtigste wie Essen, Trinken und Schlafen und natürlich den Preis reicht es. Die Übernachtungen hier in Ushguli hingegen sind weniger toll. Weil hier in den Bergen noch kühle Temperaturen herrschen, ist es in dem nicht beheizten Raum entsprechend kalt. Dazu kommt, dass ich die Bettdecke und Matraze mit meiner Körperwärme nicht richtig aufwärmen kann und die Decke die Wärme nicht speichert. So friere ich am Morgen – toll.
Am nächsten Morgen weiss ich nicht recht was machen. Ich entschliesse mich, zur Ruine auf dem nahen Berg zu laufen. Ein Mann der Gastfamilie nimmt mich mit und zeigt mir den Weg. Als wir beim Militärposten (Militärpolizei/Grenzkontrolle) vobeikommen, werde ich von dem Mann an einen Soldaten “übergeben”. Dieser führt mich dann weiter durchs Dorf bis zum Anfang des Weges. Doch er ist mir immer einen Schritt voraus und ich kann/mag kaum mithalten. Hier zeigt sich, dass Gummistiefel in dem Match die einzige richtige Lösung wären – das ist auch der Grund, warum ich nicht mithalten kann. Der Weg führt dann weiter auf den Berg hinauf. Gerade in der Falllinie, wobei der Weg teilweise mehr einem kleinen Bach als einem Weg gleicht. Bei der Ruine stärke ich mich mit meinen Bananen. Sonst habe ich ausser meiner Fototasche und der Trinkflasche nichts dabei. Nun möchte ich einen anderen kleinen Umweg ins Tal nehmen. Zunächst führt der Weg entlang einem Bach weiter den Berg hoch. Doch dann verliere ich den Weg und finde mich schliesslich in einem Meer von knie- bis hüfthohen Büschen wieder. Wenn ich mich nicht irrre, handelt es sich hier um eine Rhodendronart. Vielleicht kann mir das ein Botaniker bestätigen? Hier durch diese Büsche ist es ein echter Kampf. Endlich komme ich am oberen, bergseitigen Ende der Büsche an. Ich traversiere einem Schneefeld entlang und komme endlich auf der Krete an. Doch irgendwie bin ich jetzt viel zu hoch. Der Abstieg ist steil, kein Weg, über Wiesen, Gras, Geröll, Kies, Büsche (Rhododendron?), Schneefelder durch einen Birken-/ Rhododendronwald geht es ins Tal. Doch unten die böse Überraschung – wie komme ich über den breiten Bach? Ich laufe dem Bach entlang nach oben und nach unten und finde keine Brücke. Also entscheide ich mich, die Schuhe und Socken auszuziehen, die Hosen hochzukrempeln und durch den Bach zu waten. Offensichtlich habe ich nicht die seichteste Stelle erwischt, denn das Wasser reicht mir bis über die Knie. Dann ist es nur noch ein kleiner Katzensprung zurück nach Ushguli. Am spätern Nachmittag regnet es, ich sitze in der Küche, weiss nicht was zu tun und warte auf – dass die Zeit rum geht. Ein Kratzen im Hals verheisst nichts gutes und nach dem Nachtessen gehe ich früh ins Bett. Wieder eine kalte Nacht.
Am Morgen um 7 Uhr kommt der Gastvater ins Zimmer und gibt mir zu verstehen, dass ich die Möglichkeit habe, mit einer “Maschine” nach Ipari zu fahren. Eilligst packe ich meine Sachen zusammen, esse etwas kleines, packen den Lunch ein und los geht es. Mit dem Sohn – er arbeitet als “Kriminalpolizist” kann ich bis Ipari mitfahren. Hier habe ich meine Wanderung nach Adishi gestartet und jetzt geht es zurück nach Mestia. Es scheint gerade die Sonne und ich mache von dem kleinen Ort noch ein paar Fotos, ehe ich um etwa 9 Uhr aufbreche. Ich habe etwas zu kämpfen, denn das Kratzen im Hals am Abend zuvor hat sich in eine kleinere Erkältung verwandelt. Doch ich will jetzt diesen Berg hoch, entlang der Strasse bis auf den Pass Ugiri. Dort oben sehe ich ein paar Einheimische die am Hitchhiken (Autostoppen…) sind. Viel Erfolg, denn in der letzten Stunde hat mich kein einziges Auto überholt und nur etwa 3 Fahrzeuge kamen mir entgegen. Also laufe ich weiter. Ich versuche eine auf meiner Karte eingezeichnete Abkürzung zu nehmen. Doch diese entpuppt sich als falsche Fährte. Also kehre ich wieder zurück zur Strasse – ein Kiesweg. Langsam wird es eintönig und ich habe aufgrund meiner Erkältung zu kämpfen. Doch kontinuierlich geht es weiter. Einmal habe ich die Mitfahrgelegenheit in einem Lastwagen, doch lehne ich ab. Momentan will ich einfach den Erfolg haben, diese Strecke gelaufen zu sein. Der Lastwagen wäre sicher eine tolle Erfahrung gewesen – das nächste Mal, wenn es nur ums Vorwärtskommen geht. Um halb 1 Uhr lege ich eine Mittagspause ein – 2 Kilometer vor Mestia. Bei meiner Raststätte warten eine Frau und ein Mann und wollen mir irgendein christlich-religiöses Heftchen andrehen. Das brauch ich jetzt wirklich nicht. Es nervt mich geradezu, dass ich hier mitten in der Pampas auf solche missionarischen Tätigkeiten stosse. Zum Mittag gibt es das Khatchapuri, welche ich von der Gastmutter am Morgen bekommen habe. Und dann nehme ich die letzten beiden Kilometer in Angriff. Als ich endlich bei der Gastfamilie Ratiani ankomme, ist es gerade Essenszeit und ich muss/darf mich auch gleich an den Tisch setzten…

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Mestia (21. – 29. Mai 2012)

Bei der Familie von Givi Ratiani werden wir freundlich begrüsst. Ganz im Gegensatz zum Wetter – der Regen ist nicht gerade einladend. Sämi führt ein paar kleine Diskussionen, da er aus aus seiner Zeit auf Balkan einige Ausdrück der slawischen Sprachen kennt. Zudem spricht Maiko, die 17-jährige Tochter, etwas English. Am Anfang scheint es der Gastfamilie auch nicht ganz klar zu sein, dass Angelica und Sämi zusammen in einem Raum sein wollen und ich in einem anderen. Doch alle sprachlichen Barrieren sind überwindbar und wir beziehen schon bald unsere Zimmer.
Für mich ist es überraschend, dass wir schon kurz nach unserem Ankommen etwas zu essen kriegen. Ich habe fast das Gefühl die wollen mich richtig vollstopfen. In der Zwischenzeit hat der Regen nachgelassen und die Sonne blickt etwas zwischen den Wolken durch. Für Sämi und mich Grund genug, uns auf den Weg zum Kreuz auf dem Berg oberhalb von Mestia zu machen. Wir bewältigen die etwa 600-700 m Höhendifferenz in kurzer Zeit. Für mich ist das Tempo eher hoch – ich muss wohl etwas mehr für meine Kondition tun… Als wir oben beim Kreuz noch etwas weiter den Hügelzug erklimmen, begegnen wir einer Gruppe älterer Israelis, welche mit Jeeps auf den Berg gefahren sind. Wir nehmen es sportlich und schlagen die Mitfahrgelegenheit ins Tal aus. Doch wenn ich an meine Knie und den steilen Abstieg denke, dann wäre eine Fahrt nicht schlecht gewesen. Am Abend gibt es dann einen Stromausfall bei der Familie. Dadurch kann ich nicht warm duschen, was ich gerade nach dieser kleinen Bergtour gerne machen würde. Dafür wird das Nachtessen auf dem Holzherd zubereitet. Dieser ist übrigens sowieso täglich in Gebrauch. Mit Taschenlampen bringen wir etwas Licht ins Dunkle. Und dann, etwas vor 10 Uhr passiert das Unglaubliche. Der Strom und damit das Licht geht an – und sofort werden der Fernseher und der Computer zum Spielen eingeschaltet. Selbstverständlich bleiben beide Geräte während dem späten Nachtessen eigeschaltet.
Für den nächsten Tag habe sich Angelica, Sämi und ich eine Wanderung zum nahen Gletscher ausgesucht. Der Weg ist wie erwartet flach und dadurch anspruchslos. Einzig die Bächlein die ab und zu über unseren Weg fliessen und diesen etwas überschwemmen vermitteln einen kleinen Hauch von Abendteuer. Im Wasser einer Kiesgrube bewegt sich plötzlich etwas – es ist eine Schlange, die zum anderen Ufer schwimmt. Die dunkelgraue Farbe und der gelbliche Fleck hinter der Wange lassen mich vermuten, dass es sich um eine Ringelnatter handelt. Ansonsten ist der Weg lang(-weilig). Bis zum Ziel, dem Gletscher müssen es mindestens 7 bis 10 Kilometer sein. Es zieht sich richtig dahin, bis wir am Eingang zu einem Seitental sind. Erstaunlicherweise – und irgendwie nervend – treffen wir hier wieder auf die gleiche Gruppe Israelis mit ihren Jeeps, denen Sämi und ich schon am Vortag begegnet sind. Dann biegen wir ins Seitental ein. Bis zum Gletscher sind es noch immer 2-3 Kilometer, dieses Mal schöner Gebirgswanderweg. Zum Schluss müssen wir über die verschiedenen Endmoränen des Gletschers klettern, bis wir endlich beim Gletschertor ankommen. Ein rauschender kleiner Fluss strömt dort aus dem Gletscher. Zeit für eine Mittagspause. Zur Erfrischung wasche ich mir den Kopf im eiskalten Wasser. Überraschend schnell schlägt das Wetter um und schon prasselt ein kräftiger Gewitterregen auf uns ein. Eiligst machen wir uns wieder auf den Rückweg. Den beiden Deutschen Mädels, denen wir unweit vom Gletscher begegnen, genügt der Anblick des ewigen Eises aus der Ferne und sie kehren mit uns zurück nach Mestia.
Weil das Wetter hier im Kaukasus sehr wechselhaft ist, entscheiden sich Sami und Angelica am nächsten Tag wieder aus Mestia abzureisen um im Unterland ihr Wetterglück zu suchen. Ich aber bleibe noch ein wenig, obwohl es bis jetzt an fast jedem Tag, den ich im Kaukasus verbracht habe, geregnet hat. Irgendwie habe ich die Hoffnung, dass es etwas bessern könnte. Doch dem ist nicht wirklich so, denn auch an den nächsten beiden Tagen regenet es mindestens einmal am Tag. Ich hänge einfach etwas bei der Familie rum und schaue dem Treiben der Leute zu. Givi, der Vater möchte mir noch ein Museumsbesuch schmackhaft zu machen, doch ich lasse das sein. Es ist mir keinesfalls langweilig, denn irgendwer muss ja auch mal all die Zeilen hier niederschreiben ;-) Am ersten Tag beobachte ich vorallem, wie der Sohn Georgi und sein ebenfalls hier wohnender Schwager aus alten Brettern Möbel für den Minimarkt zimmern. Das Ganze ist nicht so professionell und sorgfältig, aber das spielt hier wahrscheinlich auch weniger eine Rolle. Und seit da weiss ich auch, dass “ჩაქუჩი” (tschakutschi) Hammer und “რუსლან” (ruslan) Nagel bedeutet. Oder so ähnlich, denn es kann gut sein, dass ich etwas verwechsle…
Es gibt ein freudiges Wiedersehen, als ich nach meinem mehrtägigen Ausflug/Marsch nochmals zurück zur selben Gastfamilie komme. Musste ich ja, denn ich habe hier einige Sachen deponiert, die ich nicht zum Wandern gebraucht habe. Weil ich mir in Ushguli eine Erkältung geholt habe, verbringe ich einige Zeit im Bett. Schlafen ist meistens die beste Medizin. Schliesslich heisst es Abschied nehmen. Am nächsten Morgen nehme ich um 6 Uhr den Minibus nach Zugdidi. Als Abschiedsgeschenk schlägt mir Georgi ein Tausch des Hutes vor. Leider passt mir der mir zunächst angebotene Svaneti-Hut nicht, er ist zu gross. Als ich später, die Mutter ist von ihrer Arbeit im Minimarkt zurück nochmals ins Wohnzimmer komme ist ein zweiter Hut da. Dieser passt mir fast wie angegossen auf den Kopf. Einzig bei den Ohren ist es etwas knapp. Ich lasse für Georgi mein Dächlikäppli von Mammut zurück. Naja, made in China – aber immerhin designed in Switzerland… Nur ersetzt der Hut aus dickem, etwas kratzigem Wollfilz kein sommerlich leichtes Dächlikäppli. Aber ich kann ja zu Hause ein neues kaufen. Der Hut ist wohl eines der schönsten Souveniers und wird mich an die schöne Zeit in Svaneti und meine Gastfamilie erinnern.

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