Author Archives: Rolf

Stop in Budapest (7. Juli 2012)

Bis nach Budapest habe ich es jetzt geschaft. Morgen soll es weiter gehen – zurück in die Schweiz…
Den Text für meinen Blog werde ich wahrscheinlich morgen im Zug fertig schreibe – wenn ich nicht wieder jemanden kennen lerne, wie heute ;-) In ein paar Tagen werden dann die letzten Artikel folgen…

Grüessli
Rolf

The answer to life, the universe and everything: 42 – Ausflug nach НИЖНЄ СИНЬОВИДНЕ (4. Juli 2012)

Heute steht eine Exkursion in die nahen Karpaten mit ein paar Familienbesuchen an. Ziel ist es, das Haus und das Dorf, in dem Tante Annemarie’s Mutter aufgewachsen ist zu besuchen. Nach einem ausgiebigen Frühstück (ein taktischer Fehler) und ein paar kleinen Verzögerungen fahren wir mit dem von den Nachbarn/Verwandten geliehenen Auto los. Mit dabei sind Hans, Liliya, Roman, Toni und ich. Zunächst fahren wir nach Стрий (Stryi), etwa 50-60 km südwestlich von Львів. Unterwegs wollen wir tanken, doch das ist aufgrund einer “technischen Pause” bei der ersten Tankstelle nicht möglich. Also müssen wir es bei der nächsten versuchen. Dort gibt es (gerade jetzt?) keine solchen Pausen…
In Стрий legen wir bei Natalya, der Schwester von Roman einen Halt ein. Nach gut ukrainischer Tradition werden wir zum Essen eingeladen. Doch ich habe gar keinen Hunger, habe ich doch erst mein Frühstück genossen. Nebenbei wir freilich auch Schnaps und Bier konsumiert. Ich entziehe mich dem Alkoholkonsum strikt – wenn man hier einmal anfängt kommt man gar nicht mehr davon los. Bei all den vielen Leuten, die ich hier kennenlerne, verliere ich den Durchblick, wer mit wem und wie verwandt ist. Also zeichen ich mir einen Stammbaum. Seine Äste vermehren sich immer mehr. Uns wird erklärt, wo genau Maria, die Tante von Roman wohnt. Maria ist die Schwester von Tante Annemarie’s Mutter. Soweit so kompliziert… Bevor wir weiterfahren, kühlen wir uns im nahen Fluss etwas ab.
Нижнє Синьовидне (Nyzhnje Syn’ovydne) liegt zwischen Стрий und dem weiter südwestlich liegenden Сколе (Skole). Etwas suchen müssen wir schon, bis wir das Haus von Maria finden. Etwas speziell ist das Zusammentreffen schon, hat doch Roman seinen Tante Maria seit 40 Jahren nicht mehr gesehen! Schliesslich werden wir nochmals zum Essen eingeladen – als hätten wir nicht schon genug… Zusammen fahren wir dann zum gesuchten Haus, wo Tante Annemaries Mutter ihre Kindheit verbrachte. Unsere Ankunft scheint sich wie ein Lauffeuer im Dorf herum zu sprechen. Und es werden immer mehr Leute… Für mich ist aber das spannendste die Hausnummer – 42 – the answer to the life, the universe and everything! Die Frage bleibt eigentlich nur, was denn die Frage zu dieser ultimativen Antwort ist… Aber dazu empfehle ich jedem die Lektüre “Hitchhiker’s Guide to the Galaxy”. Bin ich jetzt am Ziel meiner Reise angelangt?
Auf dem nahen Friedhof gedenken wir den verstorbenen Verwandten. Schliesslich werden wir von Anna, einer Nichte von Maria (kompliziert…) , nochmals zum Essen eingeladen! Aller guter Dinge sind ja schliesslich drei. Und nicht zuletzt freue ich mich daran, dass es auch hübsche ukrainische Girls in meiner weit entfernten Verwandtschaft gibt ;-) Doch irgenwann ist es Zeit, wieder zurück nach Hause in Львів zu gehen.

image

image

image

image

image

image

image

image

ЛЬВІВ (3. – 7. Juli 2012)

Manchmal hält das Leben ein paar Überraschungen für einen bereit. Dass ich in Львів (Lviv, Lvov, Lemberg) im Bahnhof wieder auf Toni aus England treffen würde, habe ich fast erwartet. Er hat wie ich den gleichen Zug von Київ nach Львів genommen. Doch dass mich jemand auf Deutsch mit meinem Namen anspricht habe ich nicht erwartet. Es ist Hans und wie sich herausstellt, ist er um etwa 7 Ecken mit mir verwandt. Was ist passiert? Mein Götti und seine Frau, Tante Annemarie haben dank Internet Wind davon gekriegt, dass ich in der Ukraine bin und gerade von Київ nach Львів im Nachtzug unterwegs bin. OK, ich habe auf Anfrage davon erzählt. Nun ist es so, dass Tante Annemarie’s Mutter aus der Region Львів kommt und durch die Wirren des 2. Weltkrieges nach Deutschland/Schweiz kam. Tante Annemarie hat Hans über meine Reisepläne informiert, worauf Hans entschlossen hat, mich zu treffen und mich am Bahnhof abzufangen. Allerdings musste Hans lange Warten, da von Київ gerade mal 4 Züge am Morgen in Львів eintreffen und er nicht genau wusste, in welchem ich sitze/liege… Hans ist mit Liliya verheiratet, die aus der Familie von Tante Annemarie’s Mutter stammt. Er lädt uns zu sich nach Hause ein, was Toni und ich nach einigem Überlegen, wir haben ja andere Pläne gehabt, annehmen.
Mit einem Opel Astra mit deutschem Kennzeichen fahren wir ans Ende der Stadt Львів. Dort wohnt Hans zusammen mit Liliya, der gemeinsamen Tochter Marielene und den Eltern von Liliya. Toni und ich stärken uns mit einem ausgiebigen Frühstück und erfrischen uns mit einer Dusche. Nach der Reise mit einem Nachtzug ist ein Dusche immer angenehm.
Zusammen  mit Liliya, Hans und Toni besuchen ich anschliessend die Stadt Львів. Es ist eine sehr hübsche Stadt mit vielen historischen Bauten im Zentrum. Im allgemeinen hat man das Gefühl, dass die Stadt westlicher ist andere Städte der Ukraine, wie zum Beispiel Київ. Gemeinsam erklimmen wir den Turm vom Ratshaus. Es sollen 306 Treppenstufen sein. Von oben haben wir eine wunderschöne Aussicht über die Stadt. Dann ziehen wir vorbei an einer kleinen Demonstration zu einem Restaurant, wo wir uns mit einem kleinen Snack stärken. Noch wandern wir etwas durch die Stadt, geniessen ein Glacé bei Mc Donnald’s und nehmen schliesslich wieder den Bus zurück aus der Innenstadt zurück nach Hause. Den Abend lassen wir mit etwas Grillieren ausklingen.
Ich weile noch etwas in Львів. Die Stadt hat ein tolles Flair. Die vielen Strassencafés machen es richtig gemütlich hier. Durch die vielen alten Gebäude wirkt die Stadt sehr westeuropäisch. Die alten Trams und Busse hingegen zeigen klar, dass wir hier in einer osteuropäischen Stadt sind. Auch die Mentalität der Leute ist klar osteuropäisch, wenn nicht gar noch vom Kommunismus geprägt. In Львів könnte ich lange verweilen. Es gibt viele Sehenswürdigkeiten wie Kirchen, einen interessanten Friedhof, Museen, Denkmäler und andere Schönheiten…

image

image

image

image

image

image

КИЇВ (27. Juni – 2. Juli 2012)

Es ist schon toll, wenn man seinen eigenen Stadtführer hat. Olesia habe ich auf der Fähre über das Schwarze Meer kennen gelernt. Wie abgemacht wartet sie in am Hauptbahnhof von Київ auf mich – direkt auf dem Perron, wo ich aussteige. Weil wir gerade noch keinen Plan haben, was wir machen wollen, fahren wir zu ihr nach Hause. Die Fahrt mit Metro und Trolleybus bis ans Ende von Київ dauert ganze 1.5 Stunden. Zusammen mit ihrem Freund Igor bewohnt Olesia eine Wohnung im 13 Stockwerk – von 16 – eines Hochhauses. Auf der gegenüberliegenden Strassenseite steht der letzte Block am Ende von Київ – danach folgen Felder und Wiesen. Auf der anderen Seite, wenn man aus der Wohnung schaut, erkennt man am Horizont zwischen vielen Hochhäusern die Beleuchtungstürme vom Dynamo Kiev Stadion. Für mich sehen alle Blöcke etwa gleich aus – typischer Sovjetstil. Dennoch ist das Haus in dem Olesia und Igor wohnen erst etwa 7 Jahre alt.

Von allen Verkehrsmitteln in Київ, ist für mich die Metro am interessantesten. Die Metro ist nach dem bewährten sovjetischen System gebaut. Dadurch gleicht sie den Metros in Baku und Tbilisi wie ein Ei dem anderen. Doch wo in Baku die Beschriftungen in der lateinischen Schrift (wie Deutsch und Englisch, etc.) und in Tbilisi mit georgischen Buchstaben ausgeführt sind, sehe ich hier kyrillische Zeichen. Weil ich mittlerweile schon etwas Übung im Lesen der kyrillischen Buchstaben habe, stellt das für mich nicht mehr eine grosse Herausforderung dar. Im Gegenteil, ich versuche wenn immer möglich, die kyrillischen Zeichen zu lesen. Manchmal fühle ich mich dabei wie ein Primarschüler in der ersten Klasse. Doch weil fast Beschriftungen auch in Englisch angegeben sind, wird es den Touristen einfach gemacht. Das ist wahrscheinlich der grösste Vorteil der Euro2012. Mich hingegen verwirren die englischen Beschriftungen manchmal mehr als dass sie mir helfen. Von den Metros die ich während meiner Reise besucht habe, ist diejenige von Київ auch aus einem anderen Grund interessant – hier kann ich in der Metro Fotos mache. In Baku und Tbilisi hätte das Probleme gegeben. Neben der Metro fahren auch  Trolleybusse, Busse, Marshrutkas und natürlich auch Taxis durch die Stadt.

Київ ist eine grosse Stadt – immerhin 5.5 Mio Menschen sollen hier wohnen. Wenn ich das mit der Schweiz vergleiche… Entsprechend der Grösse hat es auch unzählige Monumente, Kirchen, Museen und andere Sehenswürdigkeiten. Obwohl mir Olisia zu den meisten Monumenten eine Geschichte erzählt, vergesse ich den Grund zur Errichtung der meisten Monumenten und Skulpturen. Es sind einfach zu viele.
Eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten ist sicher die Lavra. Auf dem Klostergelände sieht man einige wunderschöne Kirchen. Dass man aber zum oberen Teil, wo die schönste Kirche steht, Eintritt zahlen muss, kann ich nicht unterstützen. Deswegen lasse ich es sein. Anscheinend könnte man den oberen Teil der Lavra von 6 bis 9 Uhr auch ohne zu bezahlen besuchen – doch irgendwie liegt das momentan ausserhalb meines Zeitplans… Und schlussendlich sind es sowieso nur Kirchen. Die sehen für mich mittlerweile alle gleich aus. Da kommt es nicht mehr darauf an. Doch viel spannender als der obere Teil ist der untere Teil der Lavra. Dort wurden in den Katakomben die Mönche “begraben”. Jetzt kann man die Katakomben besuchen – viele Pilgerer tun dies, so dass in den engen Gängen ein richtiges Gedränge herrscht. Durch die Glasscheiben der Särge kann man die in bunten, bestickten Tücher eingehüllten, mumifizierten Mönchen anschauen. Viele Pilgerer küssen auch noch die Scheiben der Särge… Und ab und zu schaut aus den Tüchern eine oder zwei mumifizierte Händer hervor.
Sehr eindrücklich ist auch das Denkmal zur Hungersnot (Famine) in den 1930er Jahren, welche durch Stahlin’s Politik grauenhafte Ausmasse angenommen hat. Das Museum zum 2. Weltkrieg zeigt viele Gegenstände der Soldaten und Kriegsmaterial – allerdings vermisse ich hier etwas die Zusammenhänge der Kriegsgeschehen und ich weiss nicht recht, was wann geschah. Wenn man dann noch nicht genügend Kriegsmaterial gesehen hat, kann man auch noch ins Panzermuseum neben an – ich habe das definitiv nicht mehr nötig.
Für den Besuch des Freilichtmuseums in Пірогово (Pyrogovo) nehme ich mir etwas mehr Zeit. Zum einen ist das Museum etwa 12 km ausserhalb der Stadt gelegen, zum anderen ist das Areal sehr weitläufig. Hier hat es viele historische Häuser aus der ganzen Ukraine. Etwas wie das Ballenberg Freilichtmuseum in der Schweiz. Nur habe ich das Gefühl, hier wird weniger gezeigt, wie die Leute arbeiten und leben. Auch hat es nicht so viele Beizen wie auf dem Ballenberg… Ich habe hier zwar auch ein Restaurant gesehen, doch scheint es mir, dass man eher zu einem Inbissstand geht. Viellicht gibt es auf dem Land in der Ukraine auch nicht so viele Restaurants. Da müsste ich  noch etwas mehr aufs Land reisen.

Ich muss es ehrlich gestehen, ich habe mir Київ wegen der Euro2012 viel schlimmer vorgestellt. Irgendwie dachte ich, dass es von (Fussball-) Touristen nur so wimmelt. Doch dem ist nicht so. Es ist relativ “ruhig” und es sind nicht so viele Touristen da. Erst am Samstag, 30. Juni und Sonntag, 1. Juli – dem Tag des Finalspiels – wimmelt es nur so von Touristen. Das ist eigentlich auch kein Wunder, wenn Elton John und Queen (mit Adam Lambert – Freddy Mercury ist ja schon lange gestorben :-( ) ein Gratiskonzert geben. Das Konzert soll auf die Gefahren einer HIV-Infektion aufmerksam machen und die Leute für das Thema sensibilisieren. Das ist auch bitter nötig, beträgt doch die Rate von HIV-Infizierten 1% der Bevölkerung. Man stelle sich vor: Jemand in zwei gut gefüllten Trams trägt das Virus in sich…
Am Sonntag, 1. Juli dann endlich das Finalspiel Spanien-Italien. In der Stadt sieht man viel Fans der Spanischen Nationalmannschaft. Im Vergleich dazu hat es wenige, die Italien unterstützen. Auch deutschen Fans begegnet man ab und zu  – die haben wohl erwartet, dass sie es in den Final schaffen. Das Spiel verfolge ich in einem Pub mehr beiläufig. Da Spanien schon die letzte Euro gewann wäre ein bisschen Abwechslung schön gewesen. Doch dass sie gerade 4:0 gegen Italien gewinnen müssen ist schon etwas viel. Schlussendlich ist es nur ein Spiel. Aber sag das mal einem der hohen Funktionären, Manager oder Sponsoren. Die wollen doch nur Geld machen…

image

image

image

image

image

СУДАК – АЛУШТА – СІМФЕРОПОЛЬ – КИЇВ (26. – 27. Juni 2012)

Dass die Sonne ausgerechnet hinter einem Berg aufgeht, realisiere ich erst jetzt, als ich vor der Festung von СУДАК stehe. Da hätte ich gut eine halbe Stunde länger schlafen können. Doch um ehrlich zu sein, haben mich vor allem die vielen bellenden Hunde in der Nachbarschaft geweckt. Andernorts haben sie Hähne… Um 05:30 blinzeln die ersten Sonnenstrahlen über den Berg am Horizont. Ich vergnüge mich eine Stunde lang mit ein paar Fotos machen, ehe ich den Rückweg zur Pension antrete. Unterwegs begegnen mir die ersten spärlich bekleideten Badegäste. Bevor ich mich nochmals auf Ohr haue, kaufe ich in der nahegelegenen Autobusstation ein Billett für die Fahrt nach АЛУШТА.
Wie immer – es wird wieder stressig. Eben habe ich mir nochmals die Haare schneiden lassen und schon bald fährt der Bus. Also noch kurz etwas Essen, packen, zur Autobusstation laufen und schon gehts los. Die Fahrt ist nicht wirklich angenehm. Neben mir sitzt eine Frau mit einem Kind. Es ist heiss. Aber das Beste ist, dass die Frau ihre blöde Handtasche zwischen sich und der Buswand auf den Sitz stellt. Als wäre es nicht schon genügend eng und heiss. Frauen und ihre Handtaschen – ein wohl kaum lösbares Problem.
Endlich bin ich in АЛУШТА und steige eiligst aus. Erst als ich im Trolleybus nach СІМФЕРОПОЛЬ sitze merke ich, dass ich meinen Hut aus Georgien im anderen Bus vergessen habe. Verdammt. Da hatte ich es wohl zu eilig, von dieser Frau los zu kommen und habe meinen Hut in der Gepäckablage vergessen. Janu, ein Souvenier weniger. Am Ende hätte ich wahrscheinlich sowieso nicht gewusst, was ich mit dem Hut tun soll und er wäre irgendwo als Staubfänger rumgelegen. Die Trolleybusfahrt ist leider nicht ganz so abenteuerlich wie der Reiseführer gemeint hat. Denn ich erwische einen relativ neuen Trolleybus, der sogar über eine zu gut funktionierende Klimaanlage verfügt. Eine dieser alten Rumpelkisten, wie ich sie in СЕВАСТОПОЛЬ schon kennen gelernt habe, wäre mir lieber gewesen. Immerhin ist der Trolleybus ordentlich gefüllt, so dass die Leute stehen müssen… So fahre ich einen grossen Teil der (gemäss dem Reiseführer) längsten Trolleybusstrecke der Welt, welche von ЯЛТА nach СІМФЕРОПОЛЬ führt. Unterwegs zeigt mir ein Bildschirm im Bus, was ich auf der Insel Krim alles an Sehenswürdigkeiten verpasst habe und vieles, das ich so oder in ähnlicher Form auch gesehen habe.
In СІМФЕРОПОЛЬ starte ich noch eine Versuch, meine georgischen Hut zu lokalisieren. Die junge hübsche Dame vom “Bahnhof-Helpdesk” geht mit mir zur nahen Busstation und macht ein zwei Telefone, was so weit erfolglos blieb. Jetzt bleiben mir noch 5 Stunden… Mit essen, warten, Essen kaufen, warten, Fotos machen, warten, Blog schreiben, warten, warten, warten und nochmals warten – schlage ich die Zeit tot…
Endlich ist es so weit, der Zug fährt ein. Wie alle Züge in der Ukraine sind in diesem Zug nur Schlafwagen eingereiht. Bei den grossen Distanzen macht das auch durchaus Sinn, da man meist sowieso ein paar Stunden durch die Nacht reist. Einzig die langsamen “Elektrishkas”, die den Nahverkehr bedienen, haben keine Betten und nur harte Holzbänke. Wiedereinmal ist die Fahrt nicht besonders bequem. Am Abend ist es in den Wagons noch sehr heiss und ohne den ganzen Tag duschen klebt es überall… Schliesslich lege ich mich schlafen. Viele Leute schlafen in ihren Kleidern – doch dass finde ich nicht so toll. Denn irgendwann müssen sich meine Kleider auch etwas von mir erholen und auslüften. Also alles bis auf die Unterhosen ausziehen. Zum Einschlafen ist das mitgelieferte Leintuch gerade recht. In dieser Wärme möchte ich mir gar nicht mit mehr bedecken. Doch gegen den frühen Morgen das übliche Problem. Durch die Nacht hat es sich draussen wie drinnen merklich abgekühlt. Ich spüre schon wieder eine Erkältung im Anzug. Verdammt. Nur ein Leintuch reicht mir wirklich nicht. Also packe ich meinen Seidenschlafsack aus – das hilft, doch ist es immernoch hart an der Grenze. Ich bräuchte etwas, das meine Körperwärme speichert…
Immerhin offenbaren sich mir wunderschöne Landschaften. Es ist nicht mehr das Mittelmeerklima mit seinem braungebrannten Gras sowie den kleinen Bäumen und Büschen, die kaum Schatten spenden. Hier ist es saftig grün mit sanften Hügeln, zwischendurch mal ein Dorf und ein paar goldgelbe Kornfelder. So gefällt mir die Ukraine viel besser. Mal schauen, wie die Ukraine sonst noch aussieht. Wobei das meiste werde ich wohl nur durchs Zugsfenster sehen, aber immerhin… Und endlich fahren wir nach 15 Stunden in КИЇВ ein.

image

image

image

image

image

image

image

image

Ausflug nach НОВЫЙ СВIT (25. Juni 2012)

Eigentlich hätte ich heute gerne einen Ausflug nach ЗАПОВІДНИК КАРАДАГ, dem Kara-Dag Reservat gemacht. Doch weil ich keine Tour für heute gefunden habe, lasse ich es sein. Zudem ist mir der Preis für eine solche Tour zu hoch, wenn ich nur zusammen mit ein paar anderen Touristen dem russisch plapperndem Führer nachlaufen soll und nichts verstehe. Aber anscheinend könne man ohne Tour nicht in dieses Gebiet hinein… Also muss eine Alternative her.
Nach etwas Startschwierigkeiten stehe ich jetzt in der übervollen Marshrutka nach НОВЫЙ СВIT, was so viel bedeutet wie Neue Welt. Am Zielort angekommen, setzte ich mich zuerst unter einen Baum in Dorfzentrum und beobachte Leute. Irgendwie bin ich nicht richtig motiviert, auf den Тропа Голицына, den Golitsyn’s Weg, zu gehen. Zum einen, weil es in der Sonne richtig heiss ist und keine schattenspendende Bäume vorhanden sind, zum anderen, weil es Eintritt kostet.
Schliesslich überwinde ich mich doch noch, auf den Weg zu gehen. Tatsächlich muss ich dann auch eine Gebühr von 30 Griven entrichten. Man sagt mir dann auch noch, dass es etwa 2.5 Kilometer Weg sind… Das entspricht einer Gebühr von mehr als 1 Fr/km! Ich überlege mir, was für ein Potential in den schweizer Wanderwegen stecken würde – aber das will ich dann auch wieder nicht… Um das Preis/Leistungsverhältnis zu verbessern, entschliesse ich mich, den Weg mehrmals zu gehen. Beim ersten Mal betreibe ich den Weg als Sport und durchlaufe den Weg in etwas einer halben Stunde. Ein weiterer Grund, warum ich mich etwas nerve sind die Touristen. Viele sind nicht wie in der Schweiz mit Rucksack und Wanderschuhe bewaffnet – sondern mit FlipFlops und Badehosen… Bei der anderen Kasse angelangt, setzte ich mich in den Schatten von Bäumen und warte, bis der Schweiss nachlässt. Beim Rückweg mache ich eine ausgedehnte Mittagspause im Schatten einer Felsgrotte. Und weil aller gute Dinge drei sind, durchlaufe ich den Weg ein drittes Mal. Das Dritte Mal nutze ich, um ein paar Fotos zu machen. Dazu war ich beim ersten Mal definitiv nicht motiviert. Schliesslich gelange ich komplett verschwitzt bei der zweiten Kasse an. Das ist wohl der Härtetest für mein T-Shirt aus Merinowolle…
Mit der wiederum gut gefüllten Marshrutka – dieses mal habe ich einen Sitzplatz – fahre ich zurück nach СУДАК, wo ich in der Pension den Abend geniesse.

image

image

image

image

image

image

image

СЕВАСТОПОЛЬ – Ласточкино  Гнездо – ЯЛТА – СУДАК (24. Juni 2012)

Es ist das beliebteste Sujet für eine Postkarte der Insel Krim – das Ласточкино  Гнездо. Auch wenn der Reiseführer sagt, dass das Schwalbennest winzig klein ist, muss ich es trotzdem gesehen haben. Es ist eine der ganz wenigen Sehenswürdigkeiten, die ich schon vor der Reise zum Besuchen ausgesucht habe.
Sehr früh – kurz vor 6 Uhr – verlasse ich das Hostel und laufe zur Busstation von СЕВАСТОПОЛЬ. Das Billet habe ich schon am Tag zuvor gekauft, um mir den Stress zu ersparen. Obwohl die Fahrt durch wunderschönes Gelände entlang der Küste führt, geniesse ich die Aussicht nur wenig – ich bin zu müde und schlafe… Nach einem kurzen Umsteigehalt in einen anderen Minibus, zeigt mein grosser Gabelschlüssel seine Wirkung. Naja, er fällt auf und so komme ich mit einem jüngeren Mann ins Gespräch, das sich auf das Austauschen von ein paar Brocken Englisch und Russischen Ausdrücken beschränkt. Immerhin sagt er mir, welches die richtige Haltestelle ist und ruft dem Busfahrer zu. Was, das habe ich nicht verstanden…
Das frühe Aufstehen hat sich gelohnt, denn als ich um etwa 08:20 von der Bushaltestelle einen ersten Blick vom Ласточкино  Гнездо erhasche sind die Verkaufstände für die Touristen erst im Aufbau. Mit meinem grossen Rucksack laufe ich die paar Hundert Meter zum Schwalbennest – zuerst die Treppen nach unten und dann andere wieder nach oben… Zum Glück hat es um diese Zeit erst ganz wenige Leute und es gelingt mir auch ein paar Fotos ohne die riesigen Touristenmassen zu machen. Ganz anders sieht es dann um etwas 09:30 aus – ein Schiff ist unten beim Steg gelandet und jede Menge Touristen strömen aufs kleine Schlösschen zu. Zeit zum Verschwinden.
Mit einer pumpenvollen Marshrutka fahre ich nach ЯЛТА. Beim Umsteigen treffe ich nochmals den jungen Mann, den ich schon auf dem Weg zum Schwalbennest kennengelernt habe. Auf der Weiterfahrt von ЯЛТА nach СУДАК döse ich und schlafe ab und zu ein. Nur aussergewöhnlichen Halt aufgrund einer technischen Störung verpasse ich nicht. Der Busfahrer kriecht hinten unter den Bus und schlägt etwas mit einem Schraubenschlüssel an den Bus – wahrscheinlich hat er die Bremsen gelöst, die etwas heiss bekommen haben. Dann in СУДАК das Abenteuer Unterkunftssuche. Günstige Hostels gibt es hier keine und Hotels kommen nicht in Frage. Also etwas “plaudern” mit Taxifahrern, ein Telefongespräch mit irgendjemandem ohne konkretem Resultat und Erwähnen des Wortes “Babushka” (was so viel heisst wie Grossmutter und häufig für günstige Unterkunft Synonym ist) – irgendwie kommt dann eine Frau, die mich mitnimmt… Sie zeigt mir den nächsten Laden und die Haltestelle für die Marshrutka ins Zentrum und führt mich dann zu ihrer kleinen Pension. Der Preis ist günstig, doch mit den Kommunikationsproblemen ist das Ganze schon etwas abenteuerlich. Vor allem, wenn man nicht weiss, ob man was zu essen bekommt und wenn ja zu welchem Preis…
Am späten Nachmittag besuche ich die grosse Festung – das heisst ich schaue sie nur von aussen an. Das genügt, denn ich habe nicht Lust immer Eintritt zu bezahlen um dann mich nur mit einer Menge Touristen herumzuschlagen. Zudem verspricht das Donnergrollen Regen – der dann aber nur in einzelnen Tropfen kommt. Immerhin stürmt es ganz artig…
Nach meinem langen Rückweg zur Pension passiert das Unerwartete – die “Babushka” kocht für mich etwas. Es sind grosse, flache, gefüllte Teigtaschen, welche sie in viel Öl frittiert. Das ich dann 5 $ bezahlen soll ist OK, aber eigentlich sollte man hier doch mit den ukrainischen “Griven” rechnen! Natürlich gebe ich nur den entsprechenden Betrag in “Griven” – wer will hier schon Dollar? Totmüde schlafe ich später ein – eigentlich schneller als mir lieb ist…

image

image

image

image

image

image