Ich war sehr überrascht, als ich per Zufall entdeckte, dass das Schweizer Fernsehen SF eine Sendung über die Seidenstrasse ausstrahlt. Vor allem, weil ich erst kürzlich den Teil bis Baku selber bereist habe – noch vor dem SF. Viele mir bekannte Bilder und Orte werden gezeigt. Es ist, als bekomme ich Heimweh… Doch schaut es euch selber an:
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Thanksgiving and Black Friday
Es ist der 4. Donnerstag im November – Thanksgiving! Den Morgen nutze ich um noch ein kleines Experiment im Labor zu machen. Dann schwinge ich mich auf mein Velo und mache eine kleine Tour. Ich bin mit ein paar Laborkolleginnen bei Larry, einem Professor vom Labor nebenan, eingeladen. Zusammen spielen wir zunächst in Larry’s Hintergarten unsere eigene Variante von American Football. Nicht ganz so hart wie beim richtigen Football, dafür macht es umso mehr Spass. Nur habe ich das Gefühl, dass die Regeln immer wieder angepasst werden… Später gehts zum traditionellen Thanksgiving Essen. Endlich mal wieder etwas Gutes zu essen. Natürlich ist auch ein Truthahn dabei. So sind wir in einer gemütlichen Runde zusammen bis es schon bald eindunkelt. Warum es Unverständnis auslöst, dass ich meinen Nachhauseweg mit dem Velo antrete, scheint mir unbegreiflich. Am Tag sind die Strassen auch nicht viel sicherer…
Zu Hause merke ich, dass ich einen Anruf von Tanay verpasst habe. Wir wollen schon früher als geplant zur grossen Black Friday Shopping-Tour mitten in der Nacht aufbrechen. Das gibt es wohl nur hier in Amerika, dass man nach einem Feiertag sich in ein riesiges Shoppinggetümmel stürzen muss. Mit grossen Rabatten locken die Geschäfte riesige Menschenmassen an. Mir solls recht sein, ich brauche noch einige Dinge… Mit dem Auto brauchen wir eine ganze Stunde bis wir in der etwa 75 Kilometer entfernten North Georgia Premium Outlet Mall ankommen. Zum Glück sind wir früh unterwegs, sonst hätte es noch viel länger Moneygram point gedauert. Ich mache den strategischen Fehler, dass ich im Levis Outlet nicht von Anfang an das kaufe, was ich möchte. Ich bin etwas müde – es ist etwa 10 Uhr abends – und ich habe momentan nicht so viel Energie. Zudem möchte ich zuerst etwas eine Übersicht gewinnen. So kommt es, dass ich erst am Ende unserer Tour wieder in diesem Shop bin. Es ist mittlerweile etwa 1-2 Uhr morgens… Gerade die schlimmste Zeit, denn es haben sich riesige Warteschlangen vor der Umziehkabinen und der Kasse gebildet. Da ich meine Jeansgrösse in etwa kenne, kaufe ich aufs Gratwohl für $65 zwei paar verschiedene Jeans. Später stelle ich fest, dass das die Levis 501 mir gut passt, dass aber das Model 514 gleicher Grösse mir etwas gar weit ist. So habe ich eine passende Hose zum normalen Preis gekauft. Die andere ist dafür vielleicht beim Velofahren bequemer, aber sicherlich nicht das Gelbe vom Ei. Warum aber für verschiedene Modelle die Grössen nicht übereinstimmen muss mir mal noch jemand erklären. Vorallem, wenn die 514 eigentlich etwas schlanker sein sollten, mir aber zu weit sind…
Zurück in Atlanta besuchen Tanay und ich noch den Best Buy, ein grosses Elektronikgeschäft. Doch hier sind wir schon zu spät dran, denn schon vieles ist Ausverkauft. Ich kann mich nicht mehr richtig erwärmen, etwas zu kaufen. Die von mir gewünschte Digitalkamera und Festplatte haben sie nicht, als bestelle ich sie später im Internet bei Amazon. Etwas genervt stelle ich fest, dass wenn ich gewärtet hätte, das iPad auch günster gewesen wäre. Janu, fürs nächste mal weiss ich es. Tanay ist anfänglich auch nicht erfolgreich. Er findet den von ihm begehrten Labtop nicht. Ausverkauft? So schaut er im Internet sich nach Alternativen um und beginnt die Preise zu vergleichen. Erst als wir schon gehen wollen, sieht er einen Angestellten mit einem Stappel dieser Laptops auf einem Sackkarren vorbeimarschieren. Dass ist seine Chance und wegen dem günstigen Preis kauft er sich gleich zwei Stück. Was die wohl wert sind? Zum Abschluss unserer langen Shoppingtour gönnen wir uns im Waffle House eine heisse Schoggi und etwas Z’Morge. Es beginnt schon zu tagen, als ich mich totmüde in meinen Schlafsack verkrieche.
Boxenstop in der Schweiz
Manchmal muss auch ein Rennfahrer schon nach der ersten Runde zurück in die Box. Genau so geht es mir und schon sitze ich wieder im Flugzeug zurück in die Schweiz. In Atlanta ist es sonnig und warm – in Zürich graut ein nasser, kühler Morgen. Das Novemberwetter in der Schweiz zeigt sich wiedereinmal von seiner besten Seite. Aber ich komme ja nicht hierher um Ferien zu machen – ich habe ein Vorstellungs-Interview und muss mich noch etwas vorbereiten. Dazu muss ich aber noch durch die halbe Schweiz bis in die Bundesstadt Bern reisen. Leider verläuft das Interview nicht nach meinen Wünschen, was ich schon nach dem Verlassen des Raumes spüre. So kreisen in den nächsten Tagen viele Gedanken in meinem Kopf. Meine Zukunftspläne sind nun sehr ungewiss. Trotzdem räume ich und Mami mein Zimmer halbwegs leer – dass Papi am gleichen Tag ein Loch in die Decke macht ist nicht gerade hilfsreich. Sorry Mami… Am Ende bleibt dann noch ein Coca-Cola Dose aus Atlanta als Souvenier im Zimmer zurück. Später nimmt sich Papi dieser an und führt sie einer fachgerechten Entsorgung zu… Ist vielleicht besser so. Ich schaffe es nicht mehr, alle meine Brüder und Freunde zu besuchen – und schon sitzte ich wieder im Flugzeug. Ein etwas mulmiges Gefühl und eine noch ungewisse Zukunft begleiten mich auf dem Weg nach Atlanta. Obwohl ich mich an diesem neuen Ort noch nicht richtig einleben konnte, kommt mir alles sehr vertraut vor. Eigentlich ein gutes Zeichen.
Die ersten Fotos…
Die ersten Tage in Atlanta
Am nächsten Morgen fährt mich mein Mitbewohner so zwischen 9 und halb 10 zum Labor. Er macht an der Emory University sein PhD, aber in einem völlig anderen Gebäude. Im Labor gibt es dann vorallem ein paar administrative Sachen zu erledigen. Meine grosse Tasche mit meinem Gepäck hat es in der Zwischenzeit auch nach Atlanta geschafft und Gregory hat sie mit in Labor gebracht. Doch sie musste wohl einiges über sich ergehen lassen, denn einer der Handgriffe wurde durchtrennt. Vermutlich hat sich die Tasche irgendwo in einem Rollband oder ähnlichem verfangen. Tanay, mein Laborkollege aus Indien, fährt mich am Abend nach Hause – ins Wochenende.
Während der ersten freien Tage lese ich vor allem in meinem Buch, das ich mitgebracht habe. Zwischendrin mache ich eine Erkundungstour zu den Läden in der Nähe – nur 10–15 min zu Fuss…
Am Montag entscheide ich mich, zu Fuss zum Labor zu gehen. Ich will irgendwie selbständig und unabhängig sein. Doch für die 4.8 Kilometer dauert es ganze 50–55 min, bis ich am Ziel bin. Während der ersten Woche laufe ich so viel, dass mir die Fusse weh tun. Zum Glück kann ich jeweils mit Tanay nach Hause fahre. Einmal nehme ich einen der Shuttlebusse der Uni bis in die „Nähe“ meiner Wohnung. Doch es sind noch immer 15–20 Minuten bis nach Hause. Dazu kommt, dass der Bus etwa eine Viertelstunde verspätet ist, weil er im Stau stecken geblieben ist. Dass ich, beziehungsweise meine Hose, während dem kurzen Marsch durch den Regen völlig durchnässt werde, ist eine andere Geschichte… So verbringe ich die ersten Tage vor allem im Labor, zu Hause und dem Weg dazwischen. Es dauert ganze eineinhalb Wochen, bis ich ein Bike organisiert habe. Dem Velo meines Mitbewohners traue ich nicht ganz und fahre damit nur ein paar wenige Mal zum Labor. Doch auch mit dem neuen Bike muss ich am Wochenende nochmals zum Mech um den Wechsler nochmals einzustellen.
So kommt es, dass ich es bis jetzt noch nicht wirklich in die Innenstadt geschafft habe und eine richtig Mal (Einkaufszentrum) habe ich auch noch nicht besucht. Die grossen Distanzen sind einfach zu abschreckend, um einfach mal spontan loszuziehen. Es dauert ganze drei Wochen bis ich Atlanta’s Skyline von etwas näher sehe. Am Sonntag geht`s mit dem Velo in den Piedmont Park. Näher zu den Türmen habe ich es allerdings noch nicht gewagt. Was soll ich denn dort tun? Und der Weg von meiner Wohnung ist so weit – mit dem Velo eine ganze halbe Stunde. Im Piedmont Park habe ich das erste mal das Gefühl, ich könnte doch ein Foto machen. Bis jetzt habe ich aus verschiedenen Gründen noch kein einziges Foto gemacht. Zuviel Neues und trotzdem hat es mich nicht gereizt. Vielleicht liegt es an der monotonen Umgebung von mir zu Hause. Die vielen Einfamilienhäuschen sehen zwar alle anders aus und sind hübsch mit vielen Bäumen umgeben – ich glaube es war einmal ein Wald … – doch verliert man hier einfach zu schnell den Blick auf das wirklich Spezielle. Googel Streetview vermittelt einen guten Eindruck der Umgebung. Da wären meine Fotos nicht besser. Vielleicht liegt es auch daran, dass Fotos ohne Leute irgendwie nicht ganz so spannend sind. Und Leute sieht man hier auf und rund um die Strassen auch wenige – die stecken alle in den Autos. Vielleicht komme ich mir einfach auch komisch vor, ein Foto zu machen, denn ersten sehe ich wie gesagt nur wenige Leute und schon gar keine, die einen Fotoapparat in den Händen halten. Erst hier im Park gibt es Leute die Fotos machen. So kommt es, dass ich jetzt im Piedmont Park sitze und keine Kamera dabei habe. Naja, für die netten Girls mache ich doch noch ein paar Fotos auf einem kaputten iPhone… Es wird also noch etwas dauern, bis die ersten Fotos kommen…
In Atlanta ankommen…
In den ersten Stunden in Atlanta bin ich irgendwie völlig überwältigt. Zuerst fahre ich mit Gregory, meinem Professor, zur Emory University. Die Fahrt dauert ein ganzes Weilchen – und fragt mich nicht, wo es überall durch ging… Vieles der ersten Stunden habe ich vergesssen – weil es einfach zu viel und ich vom Flug sehr müde war. Gregory hat mit Mallory, welche mir das Zimmer zur Untermiete, anbot einen Termin zur Schlüsselübergabe abgemacht. Dann geht es nochmals ins Labor und schliesslich zu einer „zukünftigen“ Laborkollegin nach Hause, um ein „Airbed“ ab zu holen. Mein Schlafsack hat es ja noch nicht geschaft. Wir (Gregory, seine Frau und ich) suchen dann mein neues Zuhause. Im nahen Kroger gehen wir die nötigsten Sachen – vor allem Lebensmittel, ich will ja nicht verhungern – einkaufen. Ich bin heillos überfordert. Was von welchen Sachen brauche ich und in welcher Qualität? Schliesslich entscheide ich mich einfach für ein paar Sachen. Ich kann ja später etwas anderes kaufen…
Am Abend treffe ich das erste Mal auf Steven, mein „Roommate“ (Mitbewohner). Ich habe ihn ja schon einmal per Skype gesehen. Er ist ein ganz angenehmer Typ. So wie es hier aussieht brauche ich mir wohl keine Sorgen zu machen, dass er mir einen Vortrag darüber macht, wie ich den Haushalt zu führen habe… Einzig ein anderes mal sagt er mir, ich müsse mit der Türe etwas aufpassen. Schon bald verkrieche ich mich in meinen Seidenschlafsack auf dem „Airbed“. Damit ich nicht friere, decke ich mich noch mit einer Decke, die ich auf dem Sofa gefunden habe, zu.
Ab nach Atlanta!
Ich schlafe schlecht, wahrscheinlich aus lauter Nervosität. Schon ist es viertel nach vier Uhr morgens und ich muss aufstehen. Duschen, rasieren, Z’morgen essen, für ein Abschiedsfoto still stehen (sonst gibts Bewegungsunschärfe, gell Papi…) und schliesslich mit Papi um viertel nach fünf abfahren. Er bringt mich zu Mami, die mich dann an den Flughafen Zürich bringt. Das Einchecken verläuft ohne Probleme und schon verabschiede ich mich von Mami und passiere problemlos die Sicherheitskontrolle. Weil mein Hals etwas kratzig und eine Erkältun im Anzug ist, kaufe ich mir noch ein paar Ricola Zeltli im Duty-Free Shop. Doch was ich an Steuern einspare wird einfach dreifach auf den Preis draufgeschlagen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass ein Set von drei Päckchen à 45 Gramm zusammen 7.50 Fr. kostet. Meinen Bruder Kurt kann ich leider nicht mehr wie abgemacht treffen, seine Chefs haben ihn zum Terminal E abspediert. Dann wird unser Telefongespräch noch durch einen “blöden” Passagier gestört, den Kurt betreuen muss.
Die Sonne geht gerade auf, als ich vor dem Flugzeug auf dem Rollfeld stehe und warte, bis ich einsteigen kann. Ich habe den allerhintersten Sitz gekriegt. Immerhin mit guter Aussicht, rechts aus dem Fenster und links – da sitzt eine hübsche Brasilianerin deutsch/italienischer Abstammung… Entsprechend kurzweilig ist der Flug nach Paris. Beim Abflug zeigt sich die Schweiz nochmals von der schönsten Seite. Zur Rechten sehe ich bis zum Hohenstoffel, Hohentwiel und Hohenhewen (OK nicht in der Schweiz – aber meine Heimat) und zur Linken dank dem Föhn eine wunderbare Sicht auf die Berge. Unter uns schlängeln sich die Flüsse Limmat, Reuss und Aare sowie die Eisen- und Autobahnen durch die Landschaft. Ich winke Jürg einen Gruss nach Unterentfelden zu, bevor es dann bei Kölliken vorbei, weiter Richtung Paris geht und sich die Wolken immer mehr verdichten.
In Paris regnet es. Weit und breit kein Eiffelturm zu sehen. Oder schaue ich in die richtige Richtung? Ist das wirklich Paris? Egal… Nach dem Aussteigen geht es nochmals durch eine Passkontrolle – warum auch immer. Dann geht es mit einem Bus weiter. Der Hinweis vom Security Personal, bei welcher Haltestelle ich aussteigen soll ist nicht wirklich hilfreich – denn er deckt sich nicht mit den Anzeigen und Durchsagen im Bus… Doch mit etwas Bauchgefühl, vergleichen der Daten auf dem Boardingpass mit der Anzeige, erwische ich doch noch die richtige Haltestelle. Durch einen Hintereingang geht es dann eine Treppe hoch (funktioniert der Lift eigentlich?) in irgendein neues Terminal. Der nächste Flieger steht schon bereit. Doch bis wir boarden können vergeht noch ein ganzes Weilchen. Ich nutze die Gelegenheit und werde auf der Toillette übrigen Balast los. Leicht fliegt sich besser. Dabei spüre ich die Auswirkungen des scharfen Chilliöls auf der Pizza vom Vorabend… Keine Details. Mit einiger Verzögerung können wir endlich boarden. Doch kaum habe ich der hübschen Dame meine Dokumente gezeigt, meint ein Security Mensch er hätte mich als Stichproben zur Gepäckkontrolle ausgesucht. Bla bla bla. Was denkt der sich eigentlich? Solche dummen Rechtfertigungen. Da hätten sie auch besser jemanden mit etwas mehr Autorität hingestellt und nicht diesen schüchternen Inder. Ach übrigens, Latex- und auch Nitrilhandschuhe nützen reichlich wenig gegen scharfe Gegenstände und so… Im Flugzeug heisst es dann nochmals warten. Wir haben ganze dreiviertel Stunden Verspätung. Warum auch immer.
Den Flug überstehe ich besser als ursprünglich gedacht. Ich dachte, ich würde viel mehr unter Bewegungsmangel leiden. Aber ganz andere Probleme stellen sich mir. Obwohl ich auf der Fensterseite sitze, kann ich nicht zum Fenster rausschauen weil es zu weit vorne ist und der Vordermann den Laden geschlossen hat. Schliesslich sind meine Augen einfach müde, weil ich zur Entspannung nicht mal auf unendlich fokusieren kann. Und dieser kleinen Bildschirm nur wenige Zentimeter vor der Nase nur weil der Vordermann sich zurück lehnt hilft auch nicht. Da hilft auch eine Brille nichts mehr und ich lese in meinem Buch bis meine Augen sich auch dazu weigern… Schliesslich sind wir schon wieder im Sinkflug. Mir gelingt es doch noch einen Blick durchs Fenster zu erhaschen und einen ersten Eindruck von Atlanta zu gewinnen. Was ich sehe sind Bäume, zwischen drin Strassen und Häuser. Weder richtig Stadt noch Wald noch wirklich grosse Strassen. In der Schweiz sagt man solchen Gebilden etwas abschätzig “Agglo”.
Endlich komme ich auf amerikanischem Boden an. Ich versuche möglichst speditiv aus dem Flugzeug auszusteigen. Mein Effort hat sich gelohnt, sonst hätte ich wahrscheinlich beim der Einwanderungskontrolle noch viel länger gewartet. Zwischendrin kommt eine Security Frau mit einem Hündchen vorbei. Doch in meinem Handgepäck riecht dieser nichts spannendes. Bei der Kontrolle habe ich kein Problem. In einem breiten Englisch (oder wie heisst diese Sprache jetzt, dich ich doch nicht immer verstehe?) fragt man mich, ob ich denn Esswaren oder so debei habe. Nun, meine Schokolade sollte stellt wohl keine Esswaren dar, vielmehr ist es ein Medikament oder gar Drogen… Dann geht es weiter in Gepäckempfangshalle. Dort dreht eine schwarze Tasche, nicht unähnlich der meinen, seine Runden auf dem Rondell und verwirrt mich immer wieder aufs neue. Doch meine Tasche scheint nirgends zu sein. Plötzlich wird mein Namen aufgerufen. Beim Informationsschalter erzählt man mir, dass meine Tasche es nicht auf den Flug geschaft habe. Ich solle durch den Zoll gehen und mich beim Gepäcksverlustschalter melden. Also gehe ich durch den Zoll und gebe ein Formular ab und kriege noch den “departure control” Fakel. Auf der anderen Seite wartet schon Gregory, “mein” Professor. Gemeinsam gehen wir zum “Gepäck weiss ich nicht wo” Schalter. Dort wollen sie über den Verbleib meine Tasche nichts wissen. Ob ich denn gut geschaut habe? Ich könne vielleicht warten, bin in einer halben Stunde (das dauert doch sicher länger) der Gepäcksammelwagen mit dem nicht abgeholten Gepäck durch den Zoll fährt. Denn durch den Zoll kann ich nicht mehr zurück. Wir entscheiden uns anders: die Tasche soll zu Gregory nach Hause geschickt werden, denn ich weiss ja noch nicht ganz genau wo mein neues zu Hause ist. Schliesslich fährt mich Gregory in seinem Auto Richtung Atlanta.
Ich packe wieder…
Die letzten Wochen haben einiges von mir gefordert. Auch wenn ich fast immer zu Hause war, gab es doch viel zu tun. Denn ein Projektantrag will auch geschrieben sein und das bedeuted einiges an Arbeit. Diesen Antrag braucht es nun mal für ein Stipendium beim Schweizerischen Nationalfonds und ohne das habe ich nächstes Jahre weder Geld noch einen Job. Angesichts dieser Situation gibt es leider böse Zungen, die behaupten, ich hätte das falsche studiert und hätte einen richtigen Job wählen sollen. Diese Leute sollten sich vielleicht mal Gedanken machen, wer all die grundlegenden Erkenntnisse gemacht hat, welche die Entwicklung aller Angenehmlichkeiten im Leben ermöglichen… Am letzten Sonntag war es dann so weit und ich habe meinen Antrag fertig gestellt und eingereicht.
Jetzt bleiben mir nur noch drei Tage, um meine Sieben Sachen zusammen zu packen, ein paar Dinge zu erledigen und Tschüss zu sagen. Mein Velo habe ich extra noch in einen kleine Service gegeben, dann noch ein paar Rechnungen zahlen, einen Batteriewechsel bei meiner Uhr, meinen Bruder zum Arzt fahren, Wäsche machen, noch ein Handgepäckköfferchen und einen Reiseadapterstecker kaufen, das GA abgeben – lauter kleine Dinge, die alle seine Zeit brauchen. Schlussendlich reicht es nicht mehr, zum mein Zimmer aufzuräumen, sorry Papi. Immerhin habe ich noch die Kakteen umgetopft. Aua. Mit Mami noch eine Pizza zum Z’nacht und schon ist es Mittwoch Abend. In aller Eile suche ich noch die Sachen zusammen, die ich auf meine nächste Reise mitnehmen will. Da habe ich jetzt ja dieses Jahr einiges an Erfahrung gesammelt und weil die meisten Sachen noch bereit liegen komme ich gut voran. Doch auch so brauche ich etwa vier Stunden und erst etwas nach Mitternacht krieche ich für eine längere Zeit das letzte Mal in mein Bett.
Home, sweet home! (8. Juli 2012)
До побачення Україна (7. – 8. Juli 2012)
In die Ukraine zu kommen war eigentlich einfach. Doch das Land wieder verlassen… Mein Freund Toni hat übers Internet ein Flugticket von Львів nach Mailand gebucht. Allerdings ist irgendwo ein Problem aufgetreten, so dass wir jetzt am Flughafen stehen und er kein Ticket hat. Wir müssen zum alten Flughafengebäude gehen und ein neues Ticket kaufen – zum Glück hat es noch freie Plätze im Flugzeug.
Auch mir geht es nicht viel besser. Vor zwei Tagen habe ich ein Ticket gekauft. Wir brauchten eine ganze Stunde dazu. Zum Glück kannte Hans schon den richtigen Schalter. Aber in der Ukraine kann man keine Plätze für Züge im “Ausland” reservieren… In der Regel ist das in Europa auch kein Problem – für S-Bahnen kann man sowieso nicht reservieren und in den Schnellzügen findet man in der Regel auch einen Platz ohne Reservierung. Ich musste extra einen Fakel schreiben, dass ich mich nicht beschweren werde, dass ich keine Sitzplatzreservierung vornehmen konnte… Jetzt muss ich zuerst herausfinden, in welchen Zug ich einsteigen muss. Irgend etwas stimmt mit den Zugsnummern nicht – im Fahrplan im Internet hiess es “108”, auf der Anzeigetafel gibts nur den Zug “107”. Beim einzigen Informationsschalter gibt es zunächst eine “Technische Pause” – so nennen die das, wenn sie pinkeln gehen müssen oder eine Kaffepause einlegen müssen. Also, der Zug 107 sollte der richtige sein. Auf dem Perron trinken wir noch einen Tee im stehen – von Sitzgelegenheiten keine Spur. Endlich fährt der Zug ein. Wir lassen die Leute aussteigen und warten, bis die meisten Leute eingestiegen sind. Der Aufenthalt im Bahnhof ist relativ lang. Doch jetzt kommt das Problem. Die junge Dame in Uniform (Kontrolleurin) lässt mich nicht einsteigen – weil ich keine Sitzplatzreservierung habe… Mit ihr gehen wir zum Zugchef – ein paar wirre Diskussionen folgen. Roman spricht irgend etwas in Ukrainisch – und wir verstehen es nicht und er kann nicht übersetzen… Schliesslich gehe ich mit Roman zu den Ticketschaltern. Nach gut ukrainischer Art drängt Roman beim ersten Schalter an der Schlange vorbei. Er fragt kurz, zu welchem Schalter wir gehen müssen und erneut drängt er an der nächsten Schlange vorbei. Wir haben noch eine halbe Stunde Zeit, aber so lange wie die Schlange ist – da würde brav anstehen nicht funktionieren. Die Dame am Schalter stellt mir eine Sitzplatzreservierung aus. Da ich nicht am Verhandeln bin und nichts verstehe, kann ich keine Wünsche anbringen. Für 13 UAH kriege ich einen Sitzplatz im Wagen 13. Jetzt stehe ich vor einem alten Wagen – Platzkart, kein Spur von 1. Klasse wie auf meinem Ticket angegeben ist… Nachdem ich dem jungen Kontrolleur mein Ticket erklärt habe kann ich einsteigen. Der Wagen hat definitiv schon bessere Tage gesehen…
Während der Fahrt begleitet mich ein Herr mit seiner Bierflasche(n). Zwischendurch trinkt er noch kurz eine Flasche Schnaps – etwa 2.5 dl. Kein Wunder, dass er lallt – und ich verstehe kein Wort. Die Fahrt führt von Львів über Стрий vorbei an Нижнє Синьовидне nach Сколе, durch die Karpaten bis nach Чоп. Die Fahrt dauert lange – bis nach Чоп dauert es rund 5.5 Stunden. Doch gerade in Нижнє Синьовидне fährt der Zug zu schnell – oder meine Digitalkamera ist zu langsam. Gerne hätte ich das ganze Bahnhofsschild fotografiert – doch es reicht nur noch für “Нижнє-Синь”… Die Aussicht wäre toll – wunderschöne Hügel, Berge, Wiesen und Dörfer – wenn man aus dem arg verschmutzten Fenster schauen könnte.
In Чоп – die Landschaft ist mittlerweile wieder flach wie eine Omelette – wartet das nächste Abenteuer auf mich. Wie gehts weiter? Eine Frau im Tarnanzug der Grenzkontrolle, sagt ich müsse im Bahnhof durch die Grenzkontrolle. Dort wartet eine Schlange Leute vor einem grünen Schild – das müsste wohl die Grenzkontrolle sein. Weil ich nicht sicher bin, ob man hier nicht auch eine Platzreservierung benötigt, gehe ich zum Schalter und frage nach. Ich kriege keine schlaue Auskunft, muss aber aus irgendeinem Grund 7.5 UAH zahlen. Das ist nicht einmal ein Franken – doch welche Dienstleistung um himmelswillen kaufe ich damit? Beim Anstehen an der Schlange lerne ich Klaus aus Österreich kennen. Von anderen Reisenden erfahre ich, dass man diese 7.5 UAH zahlen muss, sonst machen die Grenzwächter Problem. Die Grenzkontrolle ist dann sehr human. Brav beantworte ich dem Zöllner die Fragen, ob ich was aus der Ukraine ausführe. Keine Zigaretten und nur ein paar kleine Souveniers – mal abgesehen von meinem grossen Gabelschlüssel, der etwas Schmunzeln auslöst. Die etwa 10 – 15 Griven sind ja auch keinen nennenswerten Geldbetrag. Zum Schluss kriege ich meinen letzten Stempel dieser Reise in den Pass gedrückt. Dann nochmals warten. Mit einem kurzen Personenzug, er besteht aus einer kleinen Diesellok und einem Wagen, tuckern wir über die Grenze nach Zahony in Ungarn. Dort muss ich nocheinmal meinen Pass zeigen. Ob ich irgendetwas zu verzollen habe interessiert die anderen Zöllner kein bisschen – sie freuen sich nur daran, dass mal wieder ein Schweizer hier vorbeikommt.
Zusammen mit Klaus fahre ich im Intercity von Zahoni Richtung Budapest. Irgendetwas scheint die Billettkontrolleurin an unserem Ticket zu stören. Sie will uns irgendetwas für 500 Florint (wieviel ist das?) verkaufen. Wahrscheinlich irgendeinen Intercity Zuschlag. Trotz unserer 1. Klasstickets müssen wir hier mit der 2. Klasse vorlieb nehmen. Doch die Kontrolleurin will uns unbedingt dieses Ding verkaufen. Euros will sie nicht annehmen und schon gar nicht die ukrainischen Griven – doch ungarische Florints haben wir keine… Glücklicherweise hilft uns eine junge Frau aus und wechselt ein paar Euros in die heiss begehrten Florints.
In Nyiregyhaza steigen Klaus und ich aus dem Intercity aus, weil der Zug zwar nach Budapest, nicht aber in den wichtigeren Bahnhof Budapest-Keleti fährt. Gemäss Fahrplan haben wir hier 40 Minuten Aufenthalt. Diese Zeit nutze ich, um mir ein Billett für die Weiterfahrt von Budapest in die Schweiz zu kaufen. Ich habe mir gedacht, diese Zeit sollte reichen, doch die Dame scheint arg gefordert zu sein. Nach langem Warten kriege ich für etwa 98 Euro ein Billett von Budapest nach Buchs. Für die Fahrt in der Schweiz habe ich ja das GA – ich freu mich darauf, es wieder zu haben. Klaus und ich eilen dann zum Perron, denn bis zur planmässigen Abfahrt bleiben nur noch etwa 2 Minuten – wenn denn ein Zug da wäre… Mit einer Verspätung von etwa 20 – 30 Minuten fahren wir dann “erstklassig” nach Budapest.
Budapest empfängt uns nicht gerade freundlich. Zuerst wird man beim Geldwechseln abgezockt. Deswegen findet vor dem Wechselbüro ein vermutlich illegaler Geldwechsel statt. Dann kriegt man in dem Bahnhofsrestaurant um 19:30 nichts mehr zu ess n und statt den bestellten 0.5 l Eistee kommt nur die Hälfte. Als wir um 20:20 den kleinen Shop im Bahnhof besuchen wollen, macht dieser auch dicht und lässt uns nicht mehr hinein. Wo soll ich jetzt etwas zu essen kriegen? Zur Not gehen wir in den nahen Burger King etwas essen. Völlig ungewohnt für mich. Schliesslich trennen sich die Wege von Klaus und mir – er fährt weiter nach Wien, während ich mich auf die Suche nach dem notierten Hostel begebe. Unterwegs finde ich noch einen 24 Stunden-Shop. Zum Glück – sonst wäre die Weiterreise wohl sehr unangenehm geworden. Auch wenn der Weg zum Hostel sich zieht – ich finde es ohne Probleme und kriege auch ein Bett für ein paar Stunden Schlaf.
Heute Morgen kann ich nicht “ausschlafen”. Ich erwache schon um etwa 4 Uhr, lange bevor ich aufstehen muss. Ich kann nicht mehr schlafen – wahrscheinlich bin ich viel zu aufgeregt, dass ich wieder nach Hause fahre. Etwas nach 04:30, noch immer vor dem Wecker stehe ich auf, dusche und packe meine Sachen zusammen. Auf dem Weg zum Bahnhof mache ich nochmals im kleinen Shop halt und kaufe mir Joghurt, Schokolade und ein paar Früchte als Ergänzung zu meinem Brot. Schliesslich stehe ich sage und schreibe 30 Minuten vor Abfahrt des Zuges am Perron! Hej Papi, falls du das nicht glaubst – ich habe ein Beweisfoto! Es folgen 11 Stunden Zugfahrt im angenehm klimatisierten Railjet bis ich in Zürich bin… Und dann ist es nochmals eine Weile bis zu Hause…