Ich schlafe schlecht, wahrscheinlich aus lauter Nervosität. Schon ist es viertel nach vier Uhr morgens und ich muss aufstehen. Duschen, rasieren, Z’morgen essen, für ein Abschiedsfoto still stehen (sonst gibts Bewegungsunschärfe, gell Papi…) und schliesslich mit Papi um viertel nach fünf abfahren. Er bringt mich zu Mami, die mich dann an den Flughafen Zürich bringt. Das Einchecken verläuft ohne Probleme und schon verabschiede ich mich von Mami und passiere problemlos die Sicherheitskontrolle. Weil mein Hals etwas kratzig und eine Erkältun im Anzug ist, kaufe ich mir noch ein paar Ricola Zeltli im Duty-Free Shop. Doch was ich an Steuern einspare wird einfach dreifach auf den Preis draufgeschlagen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass ein Set von drei Päckchen à 45 Gramm zusammen 7.50 Fr. kostet. Meinen Bruder Kurt kann ich leider nicht mehr wie abgemacht treffen, seine Chefs haben ihn zum Terminal E abspediert. Dann wird unser Telefongespräch noch durch einen “blöden” Passagier gestört, den Kurt betreuen muss.
Die Sonne geht gerade auf, als ich vor dem Flugzeug auf dem Rollfeld stehe und warte, bis ich einsteigen kann. Ich habe den allerhintersten Sitz gekriegt. Immerhin mit guter Aussicht, rechts aus dem Fenster und links – da sitzt eine hübsche Brasilianerin deutsch/italienischer Abstammung… Entsprechend kurzweilig ist der Flug nach Paris. Beim Abflug zeigt sich die Schweiz nochmals von der schönsten Seite. Zur Rechten sehe ich bis zum Hohenstoffel, Hohentwiel und Hohenhewen (OK nicht in der Schweiz – aber meine Heimat) und zur Linken dank dem Föhn eine wunderbare Sicht auf die Berge. Unter uns schlängeln sich die Flüsse Limmat, Reuss und Aare sowie die Eisen- und Autobahnen durch die Landschaft. Ich winke Jürg einen Gruss nach Unterentfelden zu, bevor es dann bei Kölliken vorbei, weiter Richtung Paris geht und sich die Wolken immer mehr verdichten.
In Paris regnet es. Weit und breit kein Eiffelturm zu sehen. Oder schaue ich in die richtige Richtung? Ist das wirklich Paris? Egal… Nach dem Aussteigen geht es nochmals durch eine Passkontrolle – warum auch immer. Dann geht es mit einem Bus weiter. Der Hinweis vom Security Personal, bei welcher Haltestelle ich aussteigen soll ist nicht wirklich hilfreich – denn er deckt sich nicht mit den Anzeigen und Durchsagen im Bus… Doch mit etwas Bauchgefühl, vergleichen der Daten auf dem Boardingpass mit der Anzeige, erwische ich doch noch die richtige Haltestelle. Durch einen Hintereingang geht es dann eine Treppe hoch (funktioniert der Lift eigentlich?) in irgendein neues Terminal. Der nächste Flieger steht schon bereit. Doch bis wir boarden können vergeht noch ein ganzes Weilchen. Ich nutze die Gelegenheit und werde auf der Toillette übrigen Balast los. Leicht fliegt sich besser. Dabei spüre ich die Auswirkungen des scharfen Chilliöls auf der Pizza vom Vorabend… Keine Details. Mit einiger Verzögerung können wir endlich boarden. Doch kaum habe ich der hübschen Dame meine Dokumente gezeigt, meint ein Security Mensch er hätte mich als Stichproben zur Gepäckkontrolle ausgesucht. Bla bla bla. Was denkt der sich eigentlich? Solche dummen Rechtfertigungen. Da hätten sie auch besser jemanden mit etwas mehr Autorität hingestellt und nicht diesen schüchternen Inder. Ach übrigens, Latex- und auch Nitrilhandschuhe nützen reichlich wenig gegen scharfe Gegenstände und so… Im Flugzeug heisst es dann nochmals warten. Wir haben ganze dreiviertel Stunden Verspätung. Warum auch immer.
Den Flug überstehe ich besser als ursprünglich gedacht. Ich dachte, ich würde viel mehr unter Bewegungsmangel leiden. Aber ganz andere Probleme stellen sich mir. Obwohl ich auf der Fensterseite sitze, kann ich nicht zum Fenster rausschauen weil es zu weit vorne ist und der Vordermann den Laden geschlossen hat. Schliesslich sind meine Augen einfach müde, weil ich zur Entspannung nicht mal auf unendlich fokusieren kann. Und dieser kleinen Bildschirm nur wenige Zentimeter vor der Nase nur weil der Vordermann sich zurück lehnt hilft auch nicht. Da hilft auch eine Brille nichts mehr und ich lese in meinem Buch bis meine Augen sich auch dazu weigern… Schliesslich sind wir schon wieder im Sinkflug. Mir gelingt es doch noch einen Blick durchs Fenster zu erhaschen und einen ersten Eindruck von Atlanta zu gewinnen. Was ich sehe sind Bäume, zwischen drin Strassen und Häuser. Weder richtig Stadt noch Wald noch wirklich grosse Strassen. In der Schweiz sagt man solchen Gebilden etwas abschätzig “Agglo”.
Endlich komme ich auf amerikanischem Boden an. Ich versuche möglichst speditiv aus dem Flugzeug auszusteigen. Mein Effort hat sich gelohnt, sonst hätte ich wahrscheinlich beim der Einwanderungskontrolle noch viel länger gewartet. Zwischendrin kommt eine Security Frau mit einem Hündchen vorbei. Doch in meinem Handgepäck riecht dieser nichts spannendes. Bei der Kontrolle habe ich kein Problem. In einem breiten Englisch (oder wie heisst diese Sprache jetzt, dich ich doch nicht immer verstehe?) fragt man mich, ob ich denn Esswaren oder so debei habe. Nun, meine Schokolade sollte stellt wohl keine Esswaren dar, vielmehr ist es ein Medikament oder gar Drogen… Dann geht es weiter in Gepäckempfangshalle. Dort dreht eine schwarze Tasche, nicht unähnlich der meinen, seine Runden auf dem Rondell und verwirrt mich immer wieder aufs neue. Doch meine Tasche scheint nirgends zu sein. Plötzlich wird mein Namen aufgerufen. Beim Informationsschalter erzählt man mir, dass meine Tasche es nicht auf den Flug geschaft habe. Ich solle durch den Zoll gehen und mich beim Gepäcksverlustschalter melden. Also gehe ich durch den Zoll und gebe ein Formular ab und kriege noch den “departure control” Fakel. Auf der anderen Seite wartet schon Gregory, “mein” Professor. Gemeinsam gehen wir zum “Gepäck weiss ich nicht wo” Schalter. Dort wollen sie über den Verbleib meine Tasche nichts wissen. Ob ich denn gut geschaut habe? Ich könne vielleicht warten, bin in einer halben Stunde (das dauert doch sicher länger) der Gepäcksammelwagen mit dem nicht abgeholten Gepäck durch den Zoll fährt. Denn durch den Zoll kann ich nicht mehr zurück. Wir entscheiden uns anders: die Tasche soll zu Gregory nach Hause geschickt werden, denn ich weiss ja noch nicht ganz genau wo mein neues zu Hause ist. Schliesslich fährt mich Gregory in seinem Auto Richtung Atlanta.
Ab nach Atlanta!
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